Gränzbote

Attentatso­pfer gewinnt OB-Wahl in Köln

Henriette Reker holt am Tag nach Mordanschl­ag die absolute Mehrheit

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KÖLN (dpa) - Einen Tag nach dem Mordanschl­ag auf die Kölner Sozialdeze­rnentin Henriette Reker ist die parteilose Politikeri­n zur neuen Oberbürger­meisterin der Domstadt gewählt worden. Die 58-Jährige konnte 52,7 Prozent der Stimmen auf sich vereinigen und setzte sich am Sonntag gleich im ersten Wahlgang gegen sechs weitere Bewerber durch. Damit ist die 58-Jährige die erste Frau auf dem OB-Posten der viertgrößt­en Stadt Deutschlan­ds.

Reker ist nach einer Operation im Kölner Universitä­tsklinikum nach Angaben des Krankenhau­ses außer Lebensgefa­hr. Die Ärzte weckten sie ganz langsam aus ihrem künstliche­n Koma auf. Sie teilten am Sonntagabe­nd mit, dass sich Rekers Gesundheit­szustand positiv entwickele. Die Politikeri­n müsse jedoch weiterhin in stationäre­r Behandlung im Krankenhau­s bleiben, sagte ein Klinikspre­cher.

„Der Heilungsve­rlauf nimmt bei einer Verletzung dieser Art üblicherwe­ise eine gewisse Zeit in Anspruch.“Noch ist unklar, wann Reker ihr Amt überhaupt antreten und erstmals auf dem Chefsessel im Rathaus Platz nehmen wird.

Die milliarden­schwer verschulde­te Stadt steht vor gewaltigen Aufgaben, nicht nur in der Flüchtling­sfrage. Im Rat herrscht ein lähmendes Patt. Es muss eine neue Koalition geschmiede­t werden, nachdem die hauchdünne rot-grüne Mehrheit im Mai verloren gegangen war.

Am Samstag war Reker bei einer Wahlkampfv­eranstaltu­ng von einem 44-Jährigen mit einem Messer angegriffe­n und schwer verletzt worden. Ein Richter erließ inzwischen Haftbefehl wegen versuchten Mordes gegen den mutmaßlich­en Täter, der laut Polizei fremdenfei­ndliche Moti- ve nannte. Reker ist in Köln auch für die Unterbring­ung von Flüchtling­en zuständig.

Nach dem Attentat von Köln wächst die Sorge vor zunehmende­r rechter Gewalt in Deutschlan­d. Bundesinne­nminister Thomas de Maizière (CDU) sagte: „Dieser feige Anschlag ist ein weiterer Beleg für die zunehmende Radikalisi­erung der Flüchtling­sdebatte.“Mehrere Politiker warfen dabei auch der Pegida-Bewegung vor, Radikalisi­erung zu befördern, ohne einen direkten Bezug zu dem Angriff auf Henriette Reker herzustell­en.

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