VfB Stuttgart siegt gegen Ingolstadt
Beim 1:0 gegen den Aufsteiger FC Ingolstadt profitiert Stuttgart von einem Abseitstreffer
STUTTGART (sz) - Der VfB Stuttgart hat in der Fußball-Bundesliga das Duell gegen Aufsteiger Ingolstadt knapp mit 1:0 gewonnen. Durch den Treffer von Daniel Didavi sprang das Team von Trainer Alexander Zorniger auf Platz 15. Neues Schlusslicht ist der FC Augsburg.
STUTTGART - Der Taktikexperte Mario Himsl, Jahrgangsbester des DFB-Trainerlehrgangs 2010 und Leiter der Regensburger Nachwuchsabteilung, analysierte dieser Tage die Chancenverschwendung des VfB Stuttgart ziemlich trefflich: „Der VfB verbreitet durch seine Spielweise Stress und Hektik beim Gegner. Aber man hat das Gefühl, dass sich das auch auf den VfB selbst und den Torabschluss überträgt. Die Spieler wollen die Energie und die Wucht ihrer Balljagd in den Abschluss mitnehmen, agieren ungenau und überhastet, stehen ständig unter Hochspannung“, sagte Himsl. „Das ist wie beim Biathlon. Das Herz pumpt vom Hetzen auf der Runde, aber für den Schuss braucht man einen kühlen Kopf.“
Zum Beispiel so einen kühlen Kopf wie den, den der famose Aufsteiger FC Ingolstadt gemeinhin beweist. Der Meister der Effizienz hat normalerweise nie viele Chancen, holte mit seinen sechs Toren aber immerhin gleich 14 Zähler. Am Sonntagnachmittag bewiesen die Gäste beim vormaligen Schlusslicht VfB aber, dass auch Mini-Maximalisten manchmal Nerven zeigen. Am Ende glückte den Stuttgartern ihr erster Heimsieg in dieser Saison, sie siegten mit 1:0 (0:0).
Bereits nach drei Minuten bekam das Team von Ralph Hasenhüttl einen Elfmeter zugesprochen – Martin Harnik hatte nach einem Gewühl im Strafraum Benjamin Hübner gefoult. Der Australier Mathew Leckie allerdings schoss den Strafstoß flach in die Mitte und traf dort nur den Fuß von VfB-Torhüter Przemyslaw Tyton. Der Pole bewahrte die Stuttgarter damit vor dem fünften und eventuell erneut fatalen Rückstand im fünften Heimspiel. Die waren mit ihrem neuen Offensivquartett Harnik, Werner, Didavi und Maxim (die drei Stammkräfte Gentner, Kostic und Ginczek fehlten verletzt) fortan zwar überlegen, aber keineswegs nervenstärker. Vor allem Timo Werner litt an der besagten chronischen Hastigkeit und Nervosität im Torabschluss. Sein Herz pumpte und der Kopf war nicht kühl genug. Gleich viermal scheiterte der 19-Jährige vor der Pau- se. Mal wurden seine Schüsse geblockt (9./38.), mal schoss er dem FCI-Torhüter Ramazan Öczan an die Brust (14.), mal hatte er im angesetzten Seitfallzieher das falsche Timing (29.). Auch Daniel Didavis Schuss war nicht von Erfolg gekrönt (45.), auf der Gegenseite hatte Lukas Hinterseer per Solo die zweite Großchance zum 0:1 (19.).
Nach der Pause belohnte sich der VfB vor 45 700 Zuschauern ausnahmsweise für seinen enormen Aufwand, hatte dann aber Glück, dass Schiedsrichter Guido Winkmann den Treffer zum 1:0 gab (59.). Rechtsverteidiger Florian Klein schoss respektive flankte aus 17 Metern, Daniel Didavi sprintete aus leichter Abseitsposition hinein und touchierte den Ball hauchdünn mit der Sohle, der unhaltbar für Ingol- stadts Torhüter Özcan ins lange Eck sprang.
Ingolstadt machte nun Druck, und wieder rettete Tyton den VfB. Der Pole lenkte einen Volleyschuss von Pascal Groß brillant mit der Hand über die Latte (62.), auch beim Schuss des eingewechselten Moritz Hartmann (66.) war der zuvor viel kritisierte Torhüter zur Stelle. Der VfB kam kaum mehr zu Kontern, und wenn, war es meist Werner, der vertändelte. Hinten jedoch behielt die schwächste Abwehr der Liga diesmal zumeist die Übersicht – auch dank Verteidiger Philip Heise, den Trainer Alexander Zorniger zur Absicherung für Maxim brachte (71.).
Selbst die Unterzahl nach der Gelb-Roten Karte für den Ivorer Serey Dié (86.), der Max Christiansen zu Fall gebracht hatte, tat dem VfB nicht mehr weh. Mit Glück, Geschick und noch einem Verteidiger (Daniel Schwaab kam für Didavi) zitterte der VfB den ersten Heimsieg der Saison über die vierminütige Nachspielzeit, kletterte in der Tabelle von Rang 18 auf 15 und beendete damit (zumindest vorerst) die Debatte um seinen Trainer.
Coach Zorniger: „Endlich mal eine schlechte Statistik und drei Punkte“
Es war ein eher dreckiger, schmeichelhafter Sieg, Stuttgart hatte nur 42 Prozent der Zweikämpfe gewonnen bei 12:11 Torschüssen, aber das störte Zorniger nach den unglücklichen Niederlagen zu Saisonbeginn wenig: „Endlich mal eine schlechte Statistik und drei Punkte, das ist mir auch recht“, sagte er. „Ingolstadt führte immerhin die Auswärtstabelle an. Vielleicht haben wir den Sieg heute mehr gewollt als in unseren besten Spielen, wir waren einfach geiler auf den Erfolg. Und wir haben endlich mal zu null gespielt, das tut uns allen sehr gut. Wir können nun kurz durchatmen, obwohl uns Dié in Leverkusen fehlen wird.“
Kollege Hasenhüttl war dagegen nicht gerade glücklich über die Entstehung des Gegentors: „Das Tor war nicht regulär, auch wenn es eng war. Wir haben uns mit dem verschossenen Elfmeter runtergezogen und den VfB aufgebaut und sind an einem überragenden Torhüter gescheitert. Heute ist alles gegen uns gelaufen. Aber wir hatten auch schon Spiele, in denen alles für uns lief. Auch wenn ich enttäuscht bin: Wir sind Ingolstadt, man sollte nicht glauben, wir würden jetzt überall gewinnen.“