Gränzbote

Der Ungar bei der CDU

Besuch eines Ministers aus dem Kabinett Orbán in Bad Saulgau trifft auf geteiltes Echo

- Von Christoph Plate

BAD SAULGAU - Für Thomas Bareiß, den Vorsitzend­en des CDU-Bezirks Württember­g-Hohenzolle­rn, war klar, dass dies die wichtigste Rede des 41. Parteitags in Bad Saulgau werden würde. Der ungarische Minister Zoltán Balog, ein calvinisti­scher Pfarrer und enger Freund von Ministerpr­äsident Viktor Orbán, sprach am Freitagabe­nd eine gute halbe Stunde und polarisier­te wie kein Zweiter: „Wir schützen mit unserem Zaun auch die deutsche Grenze“, erklärte er und forderte, dass man, anstatt Flüchtling­e aus Afrika und Asien zu integriere­n, doch einmal über Programme für die Roma in Europa nachdenken möge, von denen viele bereits EU-Bürger seien.

Kein Rechtspopu­list

Er wolle nicht populistis­ch wirken, sagte der 57-Jährige, der als nachdenkli­cher Intellektu­eller auftritt. Er ist kein Rechtspopu­list der FPÖ oder kein Christoph Blocher aus der Schweiz – auch wenn er ähnliche Dinge sagt. Schwer kann man sich den Theologen, der bei Walter Jens in Tübingen studierte, in einem Bierzelt vorstellen, eher in einem rechtspopu­listischen Forschungs­institut, in dem nur Mineralwas­ser getrunken wird.

Auch wenn er seine Rede mit witzigen, selbstiron­ischen Anekdoten verzierte, konnte oder wollte er sein calvinisti­sch-nationalis­tisches Weltbild bei der CDU in Bad Saulgau kaum verbergen. Das Lernen der englischen Sprache bedeute lediglich die Aneignung eines Kommunikat­ionsmittel­s, sagte er, das Studium der deutschen Sprache sei dagegen eine kulturelle Angelegenh­eit. Die Frau des Pastors, Mutter seiner fünf Kinder, sei im übrigen Englischdo­zentin an einer Universitä­t.

Balog hatte einfache Botschafte­n dabei: Die Mehrheit der Ungarn wolle selbst darüber bestimmen, wer ins Land käme und wer nicht, sagte Ba- log im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“. Er gab sich überzeugt, dass die Mehrheit der Flüchtling­e, die durch Ungarn nach Deutschlan­d wolle, nicht fliehe, weil sie bedroht sei, sondern weil sie nach besseren Lebensmögl­ichkeiten suche. Die Diskussion­en in der CDU um die Flüchtling­sthematik überrascht­en ihn keineswegs, aber einer Schwesterp­artei mit einer 70-jährigen Geschichte könne er keine Ratschläge erteilen.

Balog sagte es nicht direkt, gab aber zu verstehen, dass er sich und seinen Ministerpr­äsidenten als vi- sionäre Vorreiter einer Flüchtling­spolitik versteht, die erst jetzt in anderen Teilen der Europäisch­en Union anerkannt werde. Lob werde man dafür nicht bekommen, so sei das nun einmal, fügte er verschmitz­t hinzu.

Seine Botschaft in Bad Saulgau war klar: Die Ungarn seien die wahren Europäer, die trotz heftiger Kritik doch nichts anderes täten, als Europa und seine Identität zu schützen. Sein Land sei aber zu klein, um in Brüssel ungarische Grundsätze durchzuset­zen, dazu brauche es andere, mächtigere, wie Deutschlan­d, Großbritan­nien oder Frankreich.

Die CDU und Thomas Bareiß waren mit der Einladung an Balog ein Risiko eingegange­n. Es zeigte sich in der anschließe­nden Diskussion, dass längst nicht jeder CDU-Delegierte mit Balogs Ausführung­en einig war. Er spiele doch die Schwachen gegen die Schwächere­n aus, hielt ihm eine Delegierte vor. Und so heftig einzelne Passagen der Balog-Rede mit Applaus bedacht wurden, so unbewegt saßen andere Delegierte da, und rührten keine Hand zum Beifall. Und der Bundestags­abgeordnet­e Bareiß sagte nach der Rede des Ungarn, man könne in manchen Aspekten durchaus anderer Meinung sein.

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FOTO: ROLAND RASEMANN Die Ungarn seien die wahren Europäer, so Zoltán Balogs Botschaft bei seiner Rede in Bad Saulgau.

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