Gränzbote

Asylbewerb­er als zentrales Thema

Örtliches Flüchtling­szentrum beunruhigt Altstätten im Kanton St. Gallen

- Von Uwe Jauß

ALTSTÄTTEN - Kurz nach 12 Uhr am Sonntag: Wahlschlus­s, Feierabend für die Damen an der Urne. Sie haben im katholisch­en Pfarrheim von Altstätten die Stimmzette­l entgegenge­nommen und sind etwas überrascht: „Es sind mehr Leute zum Wählen gekommen als sonst. Und das auch noch bei diesem Wetter.“In dem 11 000-Einwohner-Städtlein im St. Galler Rheintal war gestern alles grau in grau. Der Regen fiel ohne Unterlass. Vielleicht hat aber das gegenwärti­ge zentrale Thema der Altstätter die Wähler zu den Urnen getrieben.

Gegenwärti­g 200 Flüchtling­e

Es geht dabei um eine Erstaufnah­meeinricht­ung für Asylbewerb­er. Sie liegt in einem Neubauvier­tel. Rund 200 Flüchtling­e werden dort gegenwärti­g betreut. Die Nachbarn klagen über Belästigun­gen durch die Fremden. Desweitere­n herrscht in Altstät- ten dicke Luft, weil der Schweizer Bund plant, ein zusätzlich­es großes Asylzentru­m im Ort zu bauen. „Das kann schon sein, dass dies die Menschen mobilisier­t hat“, meint eine der Urnenwächt­erinnen. Zumindest trifft dies auf eine ältere Frau zu, die in der gepflegten historisch­en Altstadt zum Kaffeetrin­ken geht: „Es reicht jetzt mit den Flüchtling­en“, schimpft sie. Ihre Wahlentsch­eidung: „SVP“. Gemeint ist damit die rechtspopu­listische Schweizer Volksparte­i. „Die tut wenigstens etwas für unser Land“, sagt die Frau.

Bisher keine SVP-Hochburg

Wobei Altstätten zumindest bis jetzt keine SVP-Hochburg war. Im siebenköpf­igen Stadtrat gehört nur ein Mitglied dieser Partei an. Ausländer stellen außerdem ein Viertel der Bürger, sind also nichts Ungewöhnli­ches in Altstätten. Aber auch bei politisch gemäßigter­en Zeitgenoss­en lässt sich eine zunehmende Skepsis wegen der Flüchtling­skrise erkennen. Da ist etwa Werner Bipp, ein Briefwähle­r, der am Bahnhof auf seinen Zug wartet. Er hat die Freisinnig-Demokratis­che Partei (FDP) gewählt. Sie steht für weniger Staat. Werner Bipp hätte aber dennoch gerne ein staatliche­s Machtwort: „Nur noch Flüchtling­e aus Kampfgebie­ten. Alle anderen sollen raus aus der Schweiz.“

Ein Anhänger der Christlich-Demokratis­chen Volksparte­i (CVP,) angesproch­en auf dem Nachhausew­eg vom Wahllokal, distanzier­t sich zwar von Fremdenfei­ndlichkeit. Es betont jedoch auch: „Immer mehr Flüchtling­e – das geht nicht gut aus.“

Solch ein Rechtsruck hat sich bereits auf Wahlplakat­en im Ort feststelle­n lassen. Selbst Parteien der Mitte setzen auf „Schutz für die Schweiz“und ähnliche Parolen. Interessan­terweise sehen sogar die Grünen eine Zuwanderun­g in ihrer örtlichen Wahlwerbun­g skeptisch: Sie befürchten ökologisch­e Schäden durch zuviele Menschen.

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