Kraftanstrengung für Abschiebung
Bund und Länder beraten heute über schnellere Rückkehr abgelehnter Asylbewerber
BERLIN - „Eine nationale Kraftanstrengung“für mehr Abschiebungen sei erforderlich, sind sich Bund und Länder einig. „Dies gilt gerade mit Blick auf solche Ausreisepflichtigen, von denen Sicherheitsgefahren ausgehen können“, heißt es in einer Beschlussvorlage für den großen AsylGipfel der Ministerpräsidenten mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am heutigen Donnerstag. Der 16-Punkte-Plan sieht vor allem bereits bekannte Maßnahmen vor. Neu ist, dass der Bund beim Thema Abschiebungen, für das eigentlich die Länder zuständig sind, mehr Kompetenzen beansprucht.
Darüber verhandelte Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) am Mittwoch noch mit den Staatskanzleichefs der Länder. „Einen Mehrwert“könnten Bundesausreisezentren geben, in denen Ausreisepflichtige für die letzten Tage oder Wochen des Aufenthalts untergebracht würden. Wer keine Bleibeperspektive habe, solle künftig nicht mehr auf die Kommunen verteilt werden. Der Bund rechnet für die kommenden Monate mit einer hohen Zahl von Ablehnungen für Flüchtlinge, „die keines Schutzes in Deutschland bedürfen“.
Thema Sozialbetrug
Bei den Verhandlungen im Kanzleramt steht das Thema Sozialbetrug offiziell nicht auf der Tagesordnung, es überschattet die Beratungen allerdings. Schließlich hatte es zuletzt vermehrt Berichte über Flüchtlinge gegeben, die sich mithilfe von Mehrfach-Identitäten Sozialleistungen erschlichen hatten. Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) prescht nun vor und verlangt Abschiebungen bei Sozialbetrug durch Flüchtlinge. „Wir müssen das Ausländerrecht ändern, damit diejenigen, die Sozialleistungen erschleichen, künftig eher aus dem Asylverfahren herausgenommen und abgeschoben werden können“, erklärte Kauder am Mittwoch. „Nach dem Asylgesetz und dem Aufenthaltsgesetz verlieren Asylbewerber im Falle einer Freiheitsstrafe von einem Jahr bereits bei einer Reihe von bestimmten Delikten ihren Anspruch auf Asyl und müssen abgeschoben werden. Dazu muss künftig auch der Tatbestand des Betrugs gehören, worunter auch der Sozialbetrug fällt.“Nach Verurteilungen müssten die Länder dann konsequent abschieben, wo immer das rechtlich möglich sei. „Die Botschaft an alle Asylbewerber muss lauten: Wer Sozialbetrug begeht, muss damit rechnen, schneller wieder in seiner Heimat zu sein, als er denkt“, so Kauder weiter.
Der Bund sichert in der Beschlussvorlage für den Asyl-Gipfel zu, wie beim Spitzentreffen der Koalition am Montag in München vereinbart, rasch gesetzliche Neuregelungen auf den Weg zu bringen – etwa die Erweiterung der Abschiebehaft für Gefährder, die aus Sicherheitsgründen auch umfassender überwacht werden sollen. Für Ausreisepflichtige, die über ihre Identität täuschen, soll künftig eine verschärfte Residenzpflicht gelten. Bund und Länder wollen darüber hinaus innerhalb der nächsten drei Monate ein gemeinsames „Zentrum zur Unterstützung der Rückkehr“(ZUR) einrichten – etwa zur Vorbereitungen von Sammelrückführungen. In Problemfällen soll die Behörde fehlende Dokumente beschaffen. Die Länder sollen zusichern, ausreichend Abschiebehaft-Plätze zur Verfügung zu stellen. Der Bund sichert zu, die Verhandlungen über Rückführungsabkommen mit einzelnen Ländern zu forcieren. Die Kommunikation zwischen Ausländer- und Sozialleistungsbehörden soll verbessert werden.
Die Debatte darüber hatte Jutta Cordt, Chefin des Flüchtlingsbundesamtes (BAMF), angestoßen. Sie fordert von den Kommunen, Fingerabdrücke von allen Flüchtlingen zu nehmen. Zwar nimmt das BAMF bereits bei der Erstregistrierung Abdrücke, doch der Datenabgleich mit den Sozialbehörden funktioniert offenbar noch nicht ausreichend – sodass Flüchtlinge mit dem Ausweis eines anderen Leistungen beziehen können.