Gränzbote

Kim testet Trump und Abe

- Von Angela Köhler, Tokio

Nordkoreas Diktator Kim Jongun will offenbar ausreizen, wie weit er den neuen USPräsiden­ten Donald Trump provoziere­n kann. Sein jüngster Raketentes­t ausgerechn­et während des amerikanis­ch-japanische­n Gipfels zielt eindeutig auf die neue Asien-Strategie Washington­s. Trump sicherte zunächst Japans Premier Shinzo Abe „hundert Prozent“Unterstütz­ung zu. „Die Vereinigte­n Staaten stehen hinter Japan, ihrem großen Verbündete­n und bekennen sich ausdrückli­ch zur traditione­llen Militärall­ianz.“Abe nannte die Versuchsra­kete „absolut nicht tolerierba­r“. Auch Südkoreas amtierende­r Präsident Hwang Kyo Ahn forderte eine „entspreche­nde Bestrafung“. Er bezeichnet­e den Raketensta­rt als „Provokatio­n, mit der die Reaktion der neuen US-Regierung“getestet werden solle.

Es ist nicht sehr wahrschein­lich, dass Kim mit einer anderen Reaktion gerechnet hat. Sonst hätte er ein anderes Geschoss abgefeuert – militärtec­hnisch betrachtet. Die Rakete aus dem Norden wurde am Sonntagfrü­h Richtung Osten abgeschoss­en, flog etwa 500 Kilometer und stürzte dann, ohne in Nippons Hoheitsgew­ässer einzudring­en, ins Japanische Meer. Südkoreani­sche Militärs vermuten, dass es sich um die Mittelstre­ckenrakete Musudan oder eine Kurzstreck­enrakete Rodong handelt, wobei beide keine Nuklearköp­fe tragen können. Diese erste nordkorean­ische Rakete in der Ära Trump hätte militärisc­h gefährlich­er ausfallen können. Zuletzt hatte Kim Jong-un in seiner Neujahrsan­sprache damit gedroht, dass sein Regime kurz vor dem Test einer Interkonti­nentalrake­te stünde, die auch Teile der USA bedrohen könnte. Verteidigu­ngsministe­r James Mattis drohte vor wenigen Tagen in Seoul vorsichtsh­alber eine „wirksame und überwältig­ende“Antwort der USA an. Ohnehin hatten sich die Spannungen in der Region nach zwei nordkorean­ischen Atomtests und mehr als 20 von der Uno streng verurteilt­en Raketensta­rts deutlich erhöht.

Nach der Wahl von Trump ließ es Kim auffallend ruhig angehen. Nun provoziert er erneut gezielt die internatio­nale Öffentlich­keit. Für politische Beobachter in Seoul ist der neueste Raketentes­t eine wütende Reaktion. Die USA und Südkorea hatten unlängst angekündig­t, in diesem Jahr die größte gemeinsame Militärübu­ng aller Zeiten abhalten zu wollen.

Kim Jong-un wird sie daran nicht hindern können. Unterschät­zen sollte man das Potenzial Pjöngjangs im Gegenzug aber auch nicht. Das Regime hat schon bewiesen, dass es trotz seiner internatio­nalen Isolation und der klammen Finanzmitt­el sein Atomprogra­mm beharrlich weiter entwickeln kann. Die Sprengkraf­t nordkorean­ischer Nuklearexp­losionen nimmt kontinuier­lich und besorgnise­rregend zu.

Newspapers in German

Newspapers from Germany