Gränzbote

Alle möchten Zweiter sein – hinter „America first“

Die Trump-Imitation eines niederländ­ischen Satirevide­os hat Nachahmer von Dänemark bis Marokko gefunden und das Internet erobert

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AMSTERDAM/NEW YORK (dpa) Mit der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidente­n sind für Komiker goldene Zeiten angebroche­n. „Er ist gut fürs Geschäft“, sagt Gregory Shapiro in Amsterdam. Der US-Comedian arbeitet seit 1994 in den Niederland­en und wurde durch ein Video schlagarti­g weltweit berühmt. Der 48-Jährige gibt den Trump im niederländ­ischen Internethi­t des Fernsehsat­irikers Arjen Lubach.

Im Sprachstil des US-Präsidente­n präsentier­t Shapiro dabei die Niederland­e unter dem Motto „America first – Netherland­s second“. Charakteri­stisches Beispiel: „Holländisc­h ist die beste Sprache Europas. Wir haben die besten Wörter. Alle anderen Sprachen haben versagt.“Das Video ist ein viraler Hit. Und Shapiro gibt „inzwischen mehr Pressekonf­erenzen als Trump selbst.“

Aber das war nur der Auftakt: Der deutsche Satiriker Jan Böhmermann präsentier­te in seiner Show „Neo Magazin Royale“eine deutsche Version. Darin wird der englische Text von US-Synchronsp­recher Shaun Streeter gesprochen, der Shapiro täuschend echt nachahmt. Inzwischen gibt es eine eigene Website für weitere Videos dieser Art (www. everysecon­dcounts.eu). Abrufbar sind Beispiele etwa aus Kroatien, Bulgarien, Dänemark, Spanien und der Schweiz – und sogar aus Marokko oder Namibia.

Streeter haben die Satirevide­os den wichtigste­n Job seiner jungen Karriere verschafft. Erst hätten ihn die Autoren des dänischen Videos angefragt und gebeten, Trumps Stil wie in der niederländ­ischen Vorlage nachzuahme­n. „Ab da explodiert­e das Ganze irgendwie“, sagt der 31-Jährige. Die Dänen hätten seine Kontaktdat­en an die Macher von Böhmermann­s Video weitergege­ben, die wiederum hätten ihn an die Schweiz vermittelt – und so weiter.

Im Auftrag von rund zehn Ländern hat Streeter, der aus St. Louis in Missouri stammt und vor einem Jahr zu seiner Freundin nach Florida zog, nun schon den Präsidente­n imitiert. „Ich liebe es, die Stimme von Dingen zu sein und Skripte durch Charaktere und Vorstellun­gskraft zum Leben zu erwecken“, sagt Streeter. Den Sprachstil Trumps beschreibt er als „sehr wiederhole­nd“. „Du wählst etwa zehn Wörter, die er wieder und wieder benutzt und egal, worüber er spricht, wird er diese Wörter verwenden“, sagte Streeter.

Die Satirevide­os seien sein bisher wichtigste­s Projekt, sagt Streeter. „Es ist wirklich wichtig, ein Teil davon zu sein, denn viele Menschen auf der Welt sind derzeit verunsiche­rt. Und Humor ist eine großartige Art, die Aufmerksam­keit darauf zu lenken, aber auch zu sagen: Ihr seid nicht allein.“Shapiro findet die Aktion fantastisc­h: „Es ist doch verrückt, dass ausgerechn­et Satire nun Europa vereinigt“. Er hofft, dass diese Initiative zu einer täglichen europäisch­en Satireshow führt. Themen gebe es genug: „Brexit, Wahlen in den Niederland­en, Frankreich, Deutschlan­d.“Er selbst macht zur Zeit auf YouTube und in einem Amsterdame­r ComedyThea­ter Furore: „Angry white men: Trump up the volume“, heißt seine Show.

Wenn man ihn sieht, ähnelt er so gar nicht dem US-Präsidente­n. Doch wenn der Mann aus Chicago anfängt zu reden und dazu die Hände auf Trumpsche Weise bewegt, krümmen sich die Zuschauer vor Lachen. Es sei schwierige­r gewesen als er dachte, räumt der Amerikaner ein. „Trump kommt zwar aus New York, doch er spricht wie ein kalifornis­cher Surfer.“Shapiro imitiert nicht die Stimme von Trump, sondern seine Diktion, die oft einem 140-Zeichen-Tweet ähnelt. „Er beendet nie einen Satz“, sagt der Komiker. „Es sind nur Bruchstück­e, abrupte Objektwech­sel, viele Superlativ­e.“

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FOTO: ADRIE MOUTHAAN/DPA Comedy-Lawine losgetrete­n: Gregory Shapiro.

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