„Städtepartnerschaft ist mehr als nur feiern“
Vertreter aus Draguignan und Tuttlingen gedenken gemeinsam in Verdun – OB Beck legt zum Gedanken an Opfer Blumengebinde nieder
TUTTLINGEN (pm) - Vor der europäischen Einigung haben Kriege den Kontinent verwüstet. Um daran zu erinnern, trafen sich Delegationen der Gemeinderäte aus Tuttlingen und Draguignan in Verdun – der Stadt, an der 1916 eine der verheerendsten Schlachten des Ersten Weltkriegs stattfand.
Der Kampf dauerte zehn Monate, 300 000 Menschen wurden getötet, über 400 000 verletzt – und am Ende war die Schlacht von Verdun nicht einmal kriegsentscheidend. Nicht umsonst steht der Name der ostfranzösischen Stadt symbolisch für den Irrsinn des Ersten Weltkrieges – und der Kriege überhaupt. „Es ist unsere Aufgabe als Politiker vor Ort, auch daran zu erinnern – gerade in Zeiten, in denen Europa immer mehr in Frage gestellt wird“, sagt OB Michael Beck. Aus diesem Grund regte Beck das Treffen der Stadträte an der historischen Stätte an – und stieß bei seinem französischen Amtskollegen Richard Strambio auf offene Ohren: „Eine Städtepartnerschaft besteht nicht nur daraus, dass man gemeinsam feiert“, sind sich Beck und Strambio einig, „wir haben auch eine gemeinsame Verantwortung für Europa.“
Gemeinsam besuchten die Bürgermeister und mehrere Stadträte daher den Ort, der in vielfacher Weise Symbolkraft für das Verhältnis zwischen Deutschland und Frankreich hat. Denn Verdun erinnert heute nicht nur an die Schlacht, die Stadt steht auch für die Versöhnung: Helmut Kohl und Francois Mitterand unterstrichen hier 1984 die deutschfranzösische Freundschaft, und im Mai 2016 weihten hier Francois Hollande und Angela Merkel gemeinsam das neu konzipierte Museum ein, das heute die Rolle einer deutsch-französischen Gedenkstätte einnimmt und das die historischen Zusammenhänge aber auch das Leiden und Sterben der Menschen erschreckend deutlich demonstriert.
Ein Ort, der beklommen macht, ist Verdun bis heute: Endlose Grabfelder mit weißen Kreuzen erinnern an das zigtausendfache Sterben. Das mittlerweile größtenteils bewaldete Schlachtfeld ist bis heute von den Bombentrichtern zerfurcht, die 60 Millionen Granaten dort hinterließen. Kleine Hinweistafeln sind die letzten Spuren einstiger Ortschaften, die komplett ausradiert wurden. Im Fort de Vaux kann man nachvollziehen, in welch beklemmender Enge die dort stationierten Soldaten ihre Tage verbrachten, von denen sie nie wussten, ob es vielleicht ihr letzter wird. Und das monumentale Beinhaus von Douaumont beherbergt die sterblichen Überreste von über 100 000 Soldaten.
Im gedämpften Licht des Beinhauses legten Beck und Strambio gemeinsam ein Blumengebinde zum Gedenken an die Opfer der Kriege nieder. „Gerade an diesem Ort und in diesen Zeiten spüren wir unsere Verantwortung dafür, dass Europa ein Kontinent des Friedens und des Lichtes bleibt“, so Richard Strambio. Und Michael Beck wies auf die Lebensdaten der Opfer, deren Namen in die Wände des Saales gemeißelt sind: „Alles junge Leute – viele noch jünger als unsere eigenen Kinder“, so Beck: „An einem Ort wie diesem wird uns deutlich, dass so etwas nie wieder passieren darf.“
Dies wurde auch bei einem Treffen mit Verduns Bürgermeister Samuel Hazard deutlich. Und Hazard betonte auch die besondere Rolle, die seine Stadt heute einnimmt: So habe Verdun auch bewusst keine Partnerschaft mit einer einzelnen Stadt geschlossen: „Verdun gehört der ganzen Welt – als Stadt des Friedens“.