Historische Holzbalken
Fachwerk am 600 Jahre alten Mühlheimer Rathaus kommt auf den Prüfstand.
MÜHLHEIM - Die tragenden Holzbalken des historischen Rathauses in Mühlheim haben 600 Jahre auf dem Buckel und mehrere Kriege überlebt. Noch halten sie die Fachwerkfassade des Gebäudes. Um die Statik des Rathauses zu sichern, werden die Holzbalken Ende März auf Herz und Nieren geprüft. Ein teilweiser Austausch der Holzbalken ist unumgänglich und soll in den kommenden Jahren erfolgen.
Im Sommer hatte die Firma Kärche-Center Milkau aus Tuttlingen verschiedene Versuche unternommen, an einer Stelle der Rathausseite die dicke, stierblutrote Acrylfarbe von den Holzbalken zu entfernen. Dabei sollte mittels verschiedener Techniken herausgefunden werden, mit welcher Methode die Farbe am schonendsten für die sechs Jahrhunderte alten Holzstreben herunter zu bekommen sei. „Am Ende hat sich eine Behandlung aus Glasmehl als am schonendsten herausgestellt“, sagt Bürgermeister Jörg Kaltenbach. Mit Hochdruckreiniger und Trockeneis, waren die Spezialisten der Farbe zu Leibe gerückt.
Drei Schichten Farbe
Drei Lagen der Farbe mussten von den Holzbalken „runtergespühlt“werden. Mitte der 60er Jahre bekam die Fassade einen neuen Anstrich, in den 70er und 2000er Jahren wurde jeweils einfach über die alte Farbe drübergepinselt. Dementsprechend hartnäckig gebar sich die gummiartige Farbe. „Man dachte wohl, man sei schlauer als in den 60er Jahren und hat die Balken in der Farbe eingepackt. Das ist wie in einem Friesennerz. Das Holz konnte nicht diffundieren“, sagt der Schultes.
Der Lack ist an der Teststelle nun ab, das historische Holz liegt frei. Das Resultat steht fest: „Die Schäden am Fachwerk sind deutlich geringer, als wir ursprünglich dachten“, sagt Kaltenbach. Zudem liegen auch Ergebnisse von den Probebohrungen vor, bei denen 40 Zentimeter tiefe Bohrlöcher in das alte Holz getrieben wurden. Bis auf den mittleren Tragebalken an der Giebelseite des Rathauses – in Richtung Rathausbrunnen – sind die Tragebalken in einem guten Zustand und tragen ihre Last zu 100 Prozent. Der besagte Stützbalken verfügt nur noch über 50 Prozent der Tragkraft, so Kaltenbach. Dieser müsse in den kommenden Jahren teilweise erneuert werden. Das hat Zimmermeister Martin Widmer aus Lenzkirch attestiert.
Ende März, wenn die Temperaturen wieder konstant oberhalb der fünf Grad Celsius liegen, werden zwei Restaurateure, ein Stuckateur, ein Zimmermann sowie jeweils ein Mitarbeiter der Oberen wie auch der Unteren Denkmalbehörde einen Witterungsschutz am Rathaus aufbauen, um auf einer noch größeren Fläche Farbe und Putz zu entfernen und so genauere Messungen durchzuführen.
Hernach sollen die Experten detaillierte Lösungsvorschläge machen können, welche Teile der Fassade mit welchen Reinigungsund Restaurierungsmethoden angegangen werden sollen. Dazu will die Stadt Mühlheim Zuschussmittel des Landes beantragen. Die Umsetzung der Sanierung könne dann im Jahr 2018 beginnen. Die Kosten waren zuvor auf rund 125 000 Euro geschätzt.
Sorgen bereitet der Stadtverwaltung aber auch die Brüstung am Treppenaufgang zum Eingang des Rathauses. Die Holzbrüstung wurde im historischen Stil in den 30er Jahren erneuert, aber nur schlecht verbaut, da sich an den Berührungspunkten der horizontalen Holzbalken zu den vertikalen Stützbalken Mulden gebildet haben, die bei Regen Wasser sammeln und somit faulig geworden sind im Gegensatz zu den 600 Jahre alten Balken. Um weiteren Schaden abzuwenden, müsse auch an dieser Stelle alsbald etwas geschehen, sagt Bürgermeister Kaltenbach.
„Die Schäden am Fachwerk sind deutlich geringer, als wir ursprünglich dachten.“Mühlheims Bürgermeister Jörg Kaltenbach