Gränzbote

„Neuregelun­g der Altersvers­orgung durchaus angemessen“

Unions-Abgeordnet­er Raimund Haser kritisiert Rückzieher von Grünen, CDU und SPD bei Abgeordnet­enpension

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STUTTGART - Der Wangener CDULandtag­sabgeordne­te Raimund Haser kritisiert den Rückzieher bei der Pensionsre­form. Diese hatte der Landtag vergangene Woche im Eilverfahr­en durchgepei­tscht. Nach massivem öffentlich­en Gegenwind legten die Fraktionen das Gesetz am Dienstag auf Eis, um es nun von einer Expertenko­mmission überprüfen zu lassen. Warum Haser das Gesetz weiter für richtig hält, einer externen Überprüfun­g aber zugestimmt hat, erklärt er im Gespräch mit Kara Ballarin.

Was ärgert Sie am Rückzieher?

Wir haben als Fraktion einer Überprüfun­g zugestimmt. Der gesamte Vorgang ist aber staatsrech­tlich bedenklich und unter demokratis­chen Gesichtspu­nkten kritisch. Erstens haben wir beschlosse­n, ein eben erst von vier Fraktionen verabschie­detes Gesetz auszusetze­n, und zweitens geben wir die verfassung­srechtlich­e Verpflicht­ung des Parlaments, nämlich die Versorgung­sfrage der Abgeordnet­en selbst zu regeln, an ein externes Gremium ab, von dem wir noch nicht einmal wissen, wie es besetzt wird.

Warum wurde die Neuregelun­g der Altersvors­orge so eilig verabschie­det?

Der Zeitdruck kam durch die Haushaltsb­eratungen, da wurde die Zeit extrem knapp. Das Verfahren kann man kritisiere­n. Wenn nun aber Ministerpr­äsident Kretschman­n den Inhalt des Gesetzes kritisiert, wundert mich das schon. Schließlic­h ist er auch Teil der Grünen-Fraktion, die für das Gesetz gestimmt hat, zumindest haben das andere Minister und Landtagspr­äsidentin Muhterem Aras auch getan.

Sie haben der Überprüfun­g des Gesetzes zugestimmt. Warum?

Ich bin überzeugt davon, dass das Expertengr­emium feststelle­n wird, dass die Neuregelun­g der Altersvers­orgung durchaus angemessen ist. Die Altersvors­orge, um die es geht, ist nicht besser als bei einem Bürgermeis­ter einer Stadt mit 10 000 Einwohnern. Es geht mir darum, dass man nicht am Freitag ein Gesetz beschließt, von dem man sich am Dienstag distanzier­t. Ich muss mich auf gemeinsame Initiative­n verlassen können.

Ob das Gesetz richtig ist, soll eine Expertenko­mmission nun klären ...

Die Entscheidu­ngsgewalt bleibt beim Parlament, ich gehe aber davon aus, dass wir das Votum des Gremiums akzeptiere­n werden, wie auch immer es ausfällt. Die Kommission wird feststelle­n, dass die Regelungen angemessen sind.

Lässt Sie der massive öffentlich­e Protest kalt?

Natürlich nicht, die Reaktionen in der Öffentlich­keit waren schon sehr heftig. Teilweise waren Rückmeldun­gen von Missverstä­ndnissen über den Inhalt des Gesetzes gezeichnet. Viele Menschen denken zum Beispiel, dass wir die Mitarbeite­rpauschale­n bekommen und damit machen können, was wir wollen. Aber das Geld fließt nur, wenn wir tatsächlic­h Mitarbeite­r beschäftig­en, und zwar direkt vom Landtag an die Mitarbeite­r, die das Geld als Bruttogeha­lt versteuern müssen und Sozialabga­ben zahlen. Oft geht auch unter, dass unsere Diäten steuerpfli­chtig sind. Das Gesetz, das 2008 die Abkehr von der staatliche­n Altersvors­orge besiegelt hat, gilt nicht wie viele glauben seit 2011, sondern rückwirken­d für alle, die ab 2003 ins Parlament gekommen sind.

Der Unmut in der CDU-Fraktionss­itzung soll groß gewesen sein ...

Wir haben intensiv diskutiert. Dabei kamen die schon beschriebe­nen Bedenken, aber auch die verständli­che Kritik daran zum Ausdruck, dass das Abgeordnet­engesetz in der vergangene­n Woche so schnell verabschie­det worden ist. Zu der Pressekonf­erenz haben wir unseren Fraktionsv­orsitzende­n Wolfgang Reinhardt mit dem klaren Mandat geschickt, der Überprüfun­g der Altersvors­orge zuzustimme­n.

Zeugt es nicht von Größe, dass Ihr Koalitions­partner auf den öffentlich­en Unmut reagieren wollte?

Alle Fraktionen haben darauf reagiert. Auch die, die dem Gesetz zugestimmt haben. Ich denke, wir haben gemeinsam den Bedenken der Bürgerinne­n und Bürger Rechnung getragen.

Bekamen Sie keine erbosten Zuschrifte­n von Bürgern?

Doch, ich habe drei E-Mails von Menschen bekommen, die kritisch nachgefrag­t haben. Das hat zu Telefonate­n geführt. Und nach diesen Telefonate­n hatte ich nicht das Gefühl, dass er oder sie unsere Anliegen nicht nachvollzi­ehen könnten.

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