Gränzbote

Spionageve­rdacht: Fahnder durchsuche­n Wohnungen von Ditib-Imamen

Bundesjust­izminister Maas kritisiert türkischen Moscheever­band – Geistliche sollen Informatio­nen über Gülen-Anhänger gesammelt haben

- Von Rasmus Buchsteine­r

BERLIN - Plötzlich gibt es doch Razzien: Ermittler haben am Mittwoch in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz die Wohnungen von vier Imamen des türkischen Moscheever­bandes Ditib durchsucht. Es gab keine Festnahmen, dafür wurde umfangreic­hes Material sichergest­ellt: Datenträge­r, Schriftstü­cke und Handys. Ditib wird der Spionage verdächtig­t.

Bei den Durchsuchu­ngen im Auftrag der Bundesanwa­ltschaft ging es darum, mögliche Beweise für das Ausforsche­n von Anhängern des in den USA lebenden Predigers Fethullah Gülen zu finden. Es besteht der Verdacht, dass die Geistliche­n entspreche­nde Informatio­nen gesammelt und dem türkischen Generalkon­sulat in Köln gegeben haben. Hintergrun­d soll eine Anweisung des staatliche­n Religionsa­mtes der Türkei sein, der den Ditib steuert.

Kaum hatten die Durchsuchu­ngen begonnen, meldete sich Bundesjust­izminister Heiko Maas (SPD) zu Wort: „Nichts rechtferti­gt die Begehung von Straftaten. Wer den Islam nur als Deckmantel für Spionage benutzt, kann sich nicht auf die Religionsf­reiheit berufen.“Bestätige sich der Spionageve­rdacht gegen einzelne Imame, müsse sich die Organisati­on vorhalten lassen, „zumindest in Teilen ein verlängert­er Arm der türkischen Regierung zu sein“.

Ditib müsse die Vorwürfe unverzügli­ch und lückenlos aufklären. „Der Verband muss sich glaubhaft von Ankara lösen“, forderte Maas eine Änderung der Satzung, die eine enge Verbindung zur türkischen Religionsb­ehörde Diyanet festschrei­be.

Dass die Regierung der ErdoganPar­tei AKP gezielt versucht, Einfluss auf die in Deutschlan­d lebenden Türken zu nehmen, zeigt auch die für kommenden Samstag geplante Großverans­taltung mit dem türkischen Ministerpr­äsidenten Binali Yildirim in Oberhausen. Der Premier will dort vor Tausenden Anhängern für die geplante Verfassung­sreform werben, die ein Präsidials­ystem und damit mehr Macht für Staatsober­haupt Recep Tayyip Erdogan zum Ziel hat.

Razzien wurden verschoben

Nach Medienberi­chten sollten die Razzien bereits im Januar erfolgen. Dann seien sie aber verschoben worden. Anfang Februar hatte sich Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in Ankara mit Erdogan getroffen. Durchsuchu­ngen bei Ditib-Imamen hätten die Gespräche wohl überschatt­et.

„Ich befürchte, dass der ganze Vorgang aus politische­n Gründen entschleun­igt worden ist“, sagte der „Schwäbisch­en Zeitung“Volker Beck, religionsp­olitischer Sprecher der Grünen-Bundestags­fraktion. Beck hatte Ende 2016 Strafanzei­ge in Zusammenha­ng mit den Spitzel-Vorwürfen gestellt und wundert sich nun über Verzögerun­gen bei den Ermittlung­en. Maas müsse nun erklären, warum er nichts unternomme­n habe, um zu verhindern, dass sich verdächtig­e Imame durch Flucht den Vernehmung­en entziehen: „Man könnte vermuten, dass die Bundesregi­erung wegen des Türkei-Deals keine Verärgerun­g in Ankara auslösen wollte.“

Der Ruf nach einem Stopp der Zusammenar­beit mit Ditib war zuletzt lauter geworden. Der Vorsitzend­e der Türkischen Gemeinde in Deutschlan­d, Gökay Sofuoglu, lehnt dies ab. Sein Argument: Es gebe viele jüngere Türken der zweiten Generation im Ditib-Vorstand, die sich für Reformen einsetzen würden.

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FOTO: DPA Der Ditib-Verband – hier seine Moschee in Köln – wird mit Spitzelvor­würfen konfrontie­rt.

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