„Ein Projekt, das Schule macht“
An Tuttlinger Berufsschulen wird Chinesisch gelehrt – Firma Marquardt unterstützt Angebot
TUTTLINGEN - Das kommt mir alles chinesisch vor: Bei Julia Manz und Alexander Mattes ist dieser Satz nicht ausgeschlossen. Allerdings nicht, weil die Schüler der Fritz-Erlerund der Ferdinand-von-Steinbeis-Schule etwas nicht verstehen. Die beiden Jugendlichen lernen an ihren Schulen Chinesisch und können sich mittlerweile auch im Reich der Mitte verständigen. Als Preisträger ihrer Schulen reisten sie nun auf Einladung der Firma Marquardt aus Rietheim-Weilheim eine Woche lang nach Shanghai.
„Es ist ganz toll, dass die Schüler nach China fliegen dürfen“, freut sich Ursula Graf, Leiterin der Fritz-ErlerSchule. Schließlich ist die Reise das Ergebnis einer intensiven Zusammenarbeit – zwischen den Schulen und dem Hersteller von Elektrobauteilen. „ Dass die Schulen das Angebot geschaffen und den Kurs selbst in die Hand genommen haben, hat unserem Vorsitzenden Harald Marquardt gut gefallen. Schließlich geht es nicht nur um das Erlernen der Sprache, sondern auch um die Förderung des interkulturellen Verständnisses“, sagt Thomas Schwarz, stellvertretender Vorsitzender von Marquardt, dessen Unternehmen seit Jahren eine Niederlassung in China hat und die Reise alle zwei Jahre für die beiden besten Schüler organisiert.
Schüler legen Hemmungen gegenüber dem Fach Chinesisch ab
Julia Manz und Alexander Mattes sind die Preisträger vier und fünf der Schulen, die bereits im siebten Jahr zusammen den Chinesisch-Kurs mit Lehrerin Tianjiao Liu anbieten. Im dritten Jahr in Folge kann in diesem Fach auch die mündliche Abiturprüfung abgelegt werden. Anfangs, sagt Graf, hätte es Hemmungen gegeben, den neuen Kurs zu wählen. „Aber jetzt schlägt es durch. Das Fach Chinesisch hat sich bei uns etabliert“, berichtet die Schulleiterin vom nachhaltigen Erfolg. In der elften Klasse lernen 15 Schüler eifrig die Sprache als Wahlpflichtfach.
Auch an der Ferdinand-von-Steinbeis-Schule würde der Kurs gut angenommen, sagt Hartwig Hils. Obwohl, verdeutlicht der Schulleiter, der Unterricht über die Pflichtstunden hinausgeht. „Bei uns ist das zusätzlicher Unterricht. Alle Achtung vor dem großen Engagement der Schüler“, lobt Hils, der manchmal beim Verlassen der Schule im Winter die fleißigen Jugendlichen beobachtete. Das Erlernen der chinesischen Sprache ist für ihn von enormer Bedeutung. „Die Wirtschaft wird immer globaler. Da ist es wichtig, dass das Abitur mit dem richtigen Profil gemacht wird.“
Dem können Julia Manz und Alexander Mattes zustimmen. „Immer mehr Schüler machen Abitur, immer mehr studieren. Da sollte man schon etwas Außergewöhnliches belegt haben. Zumal Chinesisch gut unterrichtet wird und es eine Abwechslung zu den anderen Fächern ist“, sagt Julia Manz, die an der Fritz-Erler-Schule das Fach Internationale Volks- und Betriebswirtschaftslehre (WGI) belegt. „Eine gute Note in Chinesisch sieht sicher super aus“, sagt Alexander Mattes und wird von Thomas Schwarz bestätigt: „Eine Bewerbung, in der steht, dass die Person Jahrgangsbester in Chinesisch war, schaue ich mir sicher genauer an.“
Die Sprache, versichert Lehrerin Liu, sei durchaus zu lernen. „In einem Jahr ist man in der Lage, den Alltag zu bewältigen“, sagt sie. Das liege daran, dass der Schwerpunkt auf der Sprache liege. „Die Schüler lernen die Aussprache. Sie müssen in den Klassenarbeiten nicht schreiben. Wenn sie es machen, gibt es Pluspunkte“, sagt Liu. Dabei wäre auch die Schrift zu verstehen. „Das Schreiben ist wie Bauen mit Legosteinen.“Es gebe einfache Schriftzeichen, die durch Umschreibungen erweitert würden.
Auf ihrer einwöchigen Reise haben sich Julia Manz und Alexander Mattes neben der Stadt Shanghai und dem Marquardt-Werk auch den botanischen Garten Yu Garden, das Kulturzentrum Tianzifang, das Gelände der Weltausstellung 2010 sowie die Wasserstadt Suzhou angesehen. Beeindruckt waren die beiden Schüler von der Größe der Stadt. „Wir waren rund um das chinesische Neujahrsfest in Shanghai. Es waren bestimmt einige Millionen aus der Stadt nach Hause gefahren. Trotzdem war es noch so voll. Dabei denkt man, dass Deutschland schon überfüllt ist, bei den wenigen Menschen.“
Julia Manz und Alexander Mattes dürften sich dabei dennoch nicht unwohl gefühlt haben. „Für die Chinesen ist es erst einmal ungewohnt, dass Fremde sich mit ihrer Sprache beschäftigen. Sie schätzen es, wenn Small talk möglich ist. Das ist für den interkulturellen Austausch wichtig und bricht das Eis“, sagt Schwarz. Die Tuttlinger Schulen wären Wegbereiter. „Ich wünsche mir, dass ihr Projekt Schule macht.“