Aalen-Insolvenz: Scholz spricht von Erpressung
Der langjährige Vereinspräsident wehrt sich gegen Vorwürfe – der VfR hätte laut ihm 2023 schuldenfrei sein können
AALEN - Jetzt wirds schmutzig in Aalen. Mit: „Leider wurde die von Herrn Scholz angekündigte Entschuldung des Vereins nicht umgesetzt [...] Wir werden durch die Summe der Altlasten und deren Folgen endgültig erdrückt“, hatte der Sprecher des VfR-Präsidiums, Roland Vogt, die Planinsolvez des Vereins begründet. Nun wehrt sich BerndtUlrich Scholz und ist bitter enttäuscht. „Wenn das Präsidium des VfR Anstand hat, dann tritt es zurück“, sagt der langjährige Präsident und Sponsor des Aalener Profifußballclubs. Er reagiert damit auf die belastenden Aussagen. Im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“legt der 77-jährige Aalener Unternehmer Papiere vor, die die jüngsten Äußerungen der VfR-Spitze widerlegen.
In einem zentralen Punkt geht es um die Entschuldung des Vereins. Diese sei nicht wie angekündigt von Scholz umgesetzt worden, erklärte das Präsidium am Dienstagabend. Das stimme so nicht, entgegnet der frühere Präsident. Es gehe um – Stand Ende Januar – 3,3 Millionen Euro. Das seien in der Tat Schulden des VfR. Aber diese Summe belaste den Verein nicht. Dieser müsse nicht dafür aufkommen. Denn für diese Schulden erbringe die Scholz Immobilien GmbH & Co. KG die Zins- und Tilgungslasten. Im Moment seien das vierteljährlich 75 000 Euro. „Wir befinden uns voll im Zahlungsplan“, betont Scholz. Der VfR wäre damit am 23. Juni 2023 komplett schuldenfrei. Er komme auch für den Verlust in Höhe von einer Million Euro auf, der dem VfR in der Saison 2015/16 entstanden sei. „Das war noch unter meiner Verantwortung“, sagt der frühere Vereinspräsident. Diese Million sei Teil des Gesamtschuldenpakets.
Gespeist wird der Tilgungsplan aus den Namensrechten, die die Immobilien-Gesellschaft von BerndtUlrich Scholz am Stadion hält. Das sind 300 000 Euro im Jahr. Die Vertragslaufzeit ist auf fünf Jahre vereinbart und endet erstmals am 30. Juni 2018. Ein Folgevertrag (eine Kopie des Vertrags liegt der Redaktion vor) über weitere fünf Jahre wurde bereits im Frühjahr 2016 geschlossen und am 18. April desselben Jahren von den damals stellvertretenden Präsidenten des VfR, Rudi Feil und Walter Höffner, unterzeichnet. Berndt-Ulrich Scholz unterschrieb am 18. Mai 2016 als Geschäftsführer seiner Immobilien GmbH.
Ein Auslöser für die Planinsolvenz des Fußballclubs ist eine drohende Steuerrückzahlung in Höhe von bis zu 500 000 Euro aus den Jahren 2008 bis 2012. Für den Anteil, der ihn betreffe, komme er auf, sagt Scholz. Aber eben nicht für den anderern „Ich bin immer meinen Verpflichtungen nachgekommen“, betont Scholz. Was am Dienstag passiert ist, nennt Scholz schlicht Erpressung. Er selbst sei unterwegs gewesen, als um 13.45 Uhr eine EMail bei seinem Anwalt Alfred Hagebusch eingegangen sei. Absender war Rechtsanwalt Fabian Bürk im Auftrag des VfR. Inhalt: eine Entschuldungsvereinbarung, die Scholz prompt unterschreiben sollte. Damit sollte, so die schriftliche Erklärung des Rechtsanwalts „die Stellung des Insolvenzantrags durch den VfR Aalen“verhindert werden. Sollte die Vereinbarung nicht bis 15 Uhr unterzeichnet sein, müsse Insolvenzantrag gestellt werden. Warum der Verein gerade am 14. Februar eine Lösung herbeiführen musste, liegt für Scholz auf der Hand. An jedem 15. eines Monats zahlt der VfR die Gehälter. Im Fall einer Insolvenz übernimmt diese das Arbeitsamt.
Scholz fühlte sich überfahren. Laut dieser Entschuldungsvereinbarung hätte er sämtliche Namensrechte zum 30. Juni dieses Jahres freigeben und zugleich die Schulden von 3,3 Millionen Euro sukzessive tilgen müssen. „Diesen Vertrag hätten Sie auch nicht unterschrieben“, sagt er und erzählt von einer Unterredung im Januar. Damals habe sich die Vereinsführung mit ihm zusammengesetzt. Er habe angeboten, die halben Namensrechte dem Verein freizugeben und die andere Hälfte weiter für die Schuldentilgung einzusetzen. Auf diesen Vorschlag habe der Verein nicht reagiert.
Der 77-Jährige ist am Boden zerstört. Für den VfR habe er sich 13 Jahre engagiert und dabei 17 Millionen Euro eingebracht. Das ist nun vorbei. Solange das jetzige Präsidium im Amt sei, wolle er keinen Fuß mehr ins Stadion setzen.
Derweil ist der Schock beim Verein nach wie vor groß. Denn der Klassenerhalt gerät durch den drohenden Punktabzug wieder in große Gefahr. Und so ist auch nur auf den ersten Blick beim ersten VfR-Training nach der Hiobsbotschaft alles wie immer. Doch der Schein trügt. „Natürlich ist die Planinsolvenz ein großes Thema bei der Mannschaft“, sagt Trainer Peter Vollmann und auch Rückkehrer Sascha Traut fügt an: „Ich habe so eine Situation auch noch nicht mitgemacht.“Von großen Durchhalteparolen hält Trainer Peter Vollmann allerdings nichts. „Für uns beginnt die Saison am 22. Spieltag in gewissem Maße von neuem.“Sollte der VfR Aalen tatsächlich vom DFB neun Punkte abgezogen bekommen, dann würde die Mannschaft mit 22 Punkten von Platz neun auf Platz 18 abrutschen und auf einem Abstiegsplatz rangieren.