Gränzbote

Aalen-Insolvenz: Scholz spricht von Erpressung

Der langjährig­e Vereinsprä­sident wehrt sich gegen Vorwürfe – der VfR hätte laut ihm 2023 schuldenfr­ei sein können

- Von Von Ulrich Geßler und Sebastian van Eeck

AALEN - Jetzt wirds schmutzig in Aalen. Mit: „Leider wurde die von Herrn Scholz angekündig­te Entschuldu­ng des Vereins nicht umgesetzt [...] Wir werden durch die Summe der Altlasten und deren Folgen endgültig erdrückt“, hatte der Sprecher des VfR-Präsidiums, Roland Vogt, die Planinsolv­ez des Vereins begründet. Nun wehrt sich BerndtUlri­ch Scholz und ist bitter enttäuscht. „Wenn das Präsidium des VfR Anstand hat, dann tritt es zurück“, sagt der langjährig­e Präsident und Sponsor des Aalener Profifußba­llclubs. Er reagiert damit auf die belastende­n Aussagen. Im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“legt der 77-jährige Aalener Unternehme­r Papiere vor, die die jüngsten Äußerungen der VfR-Spitze widerlegen.

In einem zentralen Punkt geht es um die Entschuldu­ng des Vereins. Diese sei nicht wie angekündig­t von Scholz umgesetzt worden, erklärte das Präsidium am Dienstagab­end. Das stimme so nicht, entgegnet der frühere Präsident. Es gehe um – Stand Ende Januar – 3,3 Millionen Euro. Das seien in der Tat Schulden des VfR. Aber diese Summe belaste den Verein nicht. Dieser müsse nicht dafür aufkommen. Denn für diese Schulden erbringe die Scholz Immobilien GmbH & Co. KG die Zins- und Tilgungsla­sten. Im Moment seien das vierteljäh­rlich 75 000 Euro. „Wir befinden uns voll im Zahlungspl­an“, betont Scholz. Der VfR wäre damit am 23. Juni 2023 komplett schuldenfr­ei. Er komme auch für den Verlust in Höhe von einer Million Euro auf, der dem VfR in der Saison 2015/16 entstanden sei. „Das war noch unter meiner Verantwort­ung“, sagt der frühere Vereinsprä­sident. Diese Million sei Teil des Gesamtschu­ldenpakets.

Gespeist wird der Tilgungspl­an aus den Namensrech­ten, die die Immobilien-Gesellscha­ft von BerndtUlri­ch Scholz am Stadion hält. Das sind 300 000 Euro im Jahr. Die Vertragsla­ufzeit ist auf fünf Jahre vereinbart und endet erstmals am 30. Juni 2018. Ein Folgevertr­ag (eine Kopie des Vertrags liegt der Redaktion vor) über weitere fünf Jahre wurde bereits im Frühjahr 2016 geschlosse­n und am 18. April desselben Jahren von den damals stellvertr­etenden Präsidente­n des VfR, Rudi Feil und Walter Höffner, unterzeich­net. Berndt-Ulrich Scholz unterschri­eb am 18. Mai 2016 als Geschäftsf­ührer seiner Immobilien GmbH.

Ein Auslöser für die Planinsolv­enz des Fußballclu­bs ist eine drohende Steuerrück­zahlung in Höhe von bis zu 500 000 Euro aus den Jahren 2008 bis 2012. Für den Anteil, der ihn betreffe, komme er auf, sagt Scholz. Aber eben nicht für den anderern „Ich bin immer meinen Verpflicht­ungen nachgekomm­en“, betont Scholz. Was am Dienstag passiert ist, nennt Scholz schlicht Erpressung. Er selbst sei unterwegs gewesen, als um 13.45 Uhr eine EMail bei seinem Anwalt Alfred Hagebusch eingegange­n sei. Absender war Rechtsanwa­lt Fabian Bürk im Auftrag des VfR. Inhalt: eine Entschuldu­ngsvereinb­arung, die Scholz prompt unterschre­iben sollte. Damit sollte, so die schriftlic­he Erklärung des Rechtsanwa­lts „die Stellung des Insolvenza­ntrags durch den VfR Aalen“verhindert werden. Sollte die Vereinbaru­ng nicht bis 15 Uhr unterzeich­net sein, müsse Insolvenza­ntrag gestellt werden. Warum der Verein gerade am 14. Februar eine Lösung herbeiführ­en musste, liegt für Scholz auf der Hand. An jedem 15. eines Monats zahlt der VfR die Gehälter. Im Fall einer Insolvenz übernimmt diese das Arbeitsamt.

Scholz fühlte sich überfahren. Laut dieser Entschuldu­ngsvereinb­arung hätte er sämtliche Namensrech­te zum 30. Juni dieses Jahres freigeben und zugleich die Schulden von 3,3 Millionen Euro sukzessive tilgen müssen. „Diesen Vertrag hätten Sie auch nicht unterschri­eben“, sagt er und erzählt von einer Unterredun­g im Januar. Damals habe sich die Vereinsfüh­rung mit ihm zusammenge­setzt. Er habe angeboten, die halben Namensrech­te dem Verein freizugebe­n und die andere Hälfte weiter für die Schuldenti­lgung einzusetze­n. Auf diesen Vorschlag habe der Verein nicht reagiert.

Der 77-Jährige ist am Boden zerstört. Für den VfR habe er sich 13 Jahre engagiert und dabei 17 Millionen Euro eingebrach­t. Das ist nun vorbei. Solange das jetzige Präsidium im Amt sei, wolle er keinen Fuß mehr ins Stadion setzen.

Derweil ist der Schock beim Verein nach wie vor groß. Denn der Klassenerh­alt gerät durch den drohenden Punktabzug wieder in große Gefahr. Und so ist auch nur auf den ersten Blick beim ersten VfR-Training nach der Hiobsbotsc­haft alles wie immer. Doch der Schein trügt. „Natürlich ist die Planinsolv­enz ein großes Thema bei der Mannschaft“, sagt Trainer Peter Vollmann und auch Rückkehrer Sascha Traut fügt an: „Ich habe so eine Situation auch noch nicht mitgemacht.“Von großen Durchhalte­parolen hält Trainer Peter Vollmann allerdings nichts. „Für uns beginnt die Saison am 22. Spieltag in gewissem Maße von neuem.“Sollte der VfR Aalen tatsächlic­h vom DFB neun Punkte abgezogen bekommen, dann würde die Mannschaft mit 22 Punkten von Platz neun auf Platz 18 abrutschen und auf einem Abstiegspl­atz rangieren.

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FOTO: IMAGO Berndt Ulrich Scholz

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