Schweizer Pannen-AKW soll wieder anlaufen
Grenznahe Atomanlage Leibstadt musste erneut vom Netz genommen werden – Massive Kritik aus Deutschland
LEIBSTADT (lsw) - Das Schweizer Atomkraftwerk Leibstadt an der Grenze zu Baden-Württemberg soll nach einer technischen Fehlfunktion am Montag wieder hochgefahren werden. Das Kraftwerk war am Wochenende wegen eines Problems in der Abgasanlage im nicht-nuklearen Bereich abgeschaltet worden, wie der Betreiber mitgeteilt hatte. Das Werk war erst Freitagabend nach einem halbjährigen Stillstand wegen oxidierter Brennstäbe wieder ans Netz gegangen.
Manuell abgeschaltet
Bei der Inbetriebnahme wurden Funktionstests unternommen, um den Reaktor wieder hochzufahren, wie es in der Mitteilung hieß. Die Abgasanlage habe aber nicht ordnungsgemäß funktioniert. „Gemäß Prozessanweisung wurde in der Folge die Anlage manuell abgeschaltet und geordnet heruntergefahren“, teilten die Betreiber mit.
Das Atomkraftwerk ist nur knapp zwei Kilometer Luftlinie von Waldshut-Tiengen in Baden-Württemberg entfernt. Der Reaktor ist seit 1984 am Netz. Von deutscher Seite hagelte es Kritik. Ein Sprecher des baden-württembergischen Umweltministeriums sagte, „soweit wir das heute beurteilen können, haben die trocken gefallenen Brennstäbe (Dryout) mit dem jetzigen, neuerlichen Abschalten nichts zu tun“. Trotzdem werfe das natürlich kein sehr gutes Licht auf das Kraftwerk – „dass wir bei einem so grenznahen Kraftwerk besonders sensibel sind, versteht sich von selbst“. Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) hatte sich am Freitag verwundert gezeigt, dass das grenznahe Kernkraftwerk wieder in Betrieb genommen wurde. „Obwohl die Schadensursache im sensibelsten Bereich des Reaktors noch nicht vollständig geklärt ist, hat das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat Ensi das Wiederanfahren des Kernkraftwerks erlaubt“, kritisierte er. Das Bundesumweltministerium hatte den Betreibern bereits vor einem Jahr Sicherheitsmängel vorgeworfen und forderte Nachbesserungen am AKW an der deutsch-schweizerischen Grenze am Hochrhein.
Die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium, Rita Schwarzelühr-Sutter, sagte: „Es ist bedauerlich, dass das Kraftwerk wieder angefahren werden darf, obwohl die Ursachen für die Schäden an den Hüllrohren nicht restlos aufgeklärt zu sein scheinen.“Die Entscheidung obliege jedoch der Schweizer Aufsichtsbehörde Ensi. Das Bundesumweltministerium hat die Schweizer Behörde bereits vor dem Wiederanfahren auf Fachebene um ein Gespräch und einen Austausch gebeten.