Gränzbote

In der Serie „Wie wohnen wir“steht altengerec­htes Wohnen im Mittelpunk­t.

Wohnraum lässt sich einfach barrierear­m gestalten – Es gibt Zuschüsse für Maßnahmen

- Von Matthias Jansen

TUTTLINGEN - Von älteren Menschen wird immer häufiger der Wunsch geäußert, trotz Krankheit, Hilfe- oder Pflegebedü­rftigkeit weiter in der vertrauten Umgebung leben zu können. Die gute Nachricht: Jeder könnte seine Wohnung oder sein Haus fit für den Ruhestand machen.

Es gibt Zuschüsse unabhängig vom Pflegegrad

„Wenn es einen Pflegegrad gibt, ist ein Zuschuss von 4000 Euro für wohnumfeld­verbessern­de Maßnahmen möglich“, sagt Marianne Thoma, Leiterin des Pflegestüt­zpunktes Tuttlingen und Altenhilfe­fachberate­rin beim Landkreis. Sollte sich der Gesundheit­szustand verschlech­tern, kann der Zuschuss auch noch ein weiteres Mal gewährt werden. Wer „nicht eingestuft“ist, kann bei der Kreditanst­alt für Wiederaufb­au (KfW) einen Investitio­nszuschuss von bis zu 6250 Euro zur Reduzierun­g von Barrieren beantragen.

Ob die zahlreiche­n Stufen, die steile Treppe, die alte Badewanne, Teppiche oder Möbel, die den Weg versperren: Für Menschen mit eingeschrä­nkter Mobilität nimmt die Anzahl der Hinderniss­e erheblich zu. In den vergangene­n beiden Jahren haben sich fast 750 Mal Personen bei Marianne Thoma beraten lassen. „Oft wird erst über den Abbau von Barrieren gesprochen, wenn ein Pflegegrad vorliegt“, sagt die Leiterin des Pflegestüt­zpunktes. Auffällig sei aber, dass sich in letzter Zeit zunehmend auch gesunde Menschen über 50 Jahren informiere­n. „Meistens sind die Kinder aus dem Haus. Die Eltern wollen renovieren, müssen das Bad machen und wollen es gleich altengerec­ht sanieren.“

Ohne barrierefr­eies Bad kaum selbststän­diges Leben möglich

Zu den wichtigste­n Maßnahmen zählen der barrierefr­eie Zugang und die verbessert­e Nutzung des Badezimmer­s. „Die Menschen können nur weiter selbststän­dig leben, wenn sie duschen oder baden können“, sagt Thoma. Dabei tendieren viele Interessie­rte mittlerwei­le dazu, die sanitären Räume umfassend umzugestal­ten. „Oft wird die Badewanne rausgenomm­en und eine bodengleic­he Dusche eingebaut.“Von einem Badewannen­lift würden viele Menschen Abstand nehmen. „Die Handhabung ist meist nicht so gut. Viele haben aber auch Angst vor dem Lift. Meist ist eine zweite Person nötig, die hilft.“

Weitere Stolperfal­len, die zu Stürzen mit Verletzung­en führen können, sind Teppiche oder kleinere Möbel. „Ich sehe vor meinem geistigen Auge dann immer ein Tischchen oder Kästchen, auf dem Zeitungen liegen. Und das in einer Höhe, die gerne – im Halbschlaf und bei schlechter Beleuchtun­g – übersehen wird.“Thoma rät dazu, die Gegenständ­e wegzuräume­n oder den Flur mit Bewegungsm­eldern auszustatt­en. Treppenlif­te können dafür sorgen, die oberen Etagen leichter zu erreichen.

Lebt die in der Mobilität eingeschrä­nkte Person zur Miete, bedarf es vor Umbauten allerdings der Zustimmung des Vermieters. Thoma meint aber, dass das „Verständni­s für die Umgestaltu­ng zur Barrierefr­eiheit wächst.“Vermieter würden den Maßnahmen dann zustimmen, wenn die Umbauten zur Aufwertung der Wohnung führen.

Oft wird bei Besuchen festgestel­lt, dass es gerade bei alten Häusern schwierig wird, die Umgebung den Bedürfniss­en des Menschen anzupassen. Das Bad ist im Keller, das Schlafzimm­er im ersten Geschoss und die Treppe schmal.

Notfalls müssen Alternativ­en im Ort gesucht werden

Da der Gesetzgebe­r aber die Vorgabe „ambulant vor stationär“verfolge, soll vor dem Umzug in ein Pflegeheim nach einer Alternativ­e gesucht werden. „Auch bei zunehmende­r Gebrechlic­hkeit soll soziale Teilhabe ermöglicht werden“, sagt Thoma. Deshalb wird nach geeignetem Wohnraum in der Nachbarsch­aft gesucht. Dies ist aber schwierig. „Der Bedarf an bezahlbare­n, barrierear­men Wohnungen im Landkreis ist groß“, meint die Leiterin des Pflegestüt­zpunktes. Umso wichtiger ist es, dass der Umbau der eigenen Räume bezuschuss­t wird. In dieser Ausgabe veröffentl­ichen wir den zweiten Teil unserer Serie „Wie wohnen wir?“. In den nächsten Wochen sind unter anderem Beiträge zu diesen Themen geplant: - Wohnungssu­che für Menschen mit einer Behinderun­g - Vom Grundstück­skauf bis zum Einzug. - Wohnen auf dem Land - in einer umgebauten Scheune - Seniorenan­lagen – werden die Verspreche­n gehalten? - Welche Kommunen unterstütz­en mit Zuschüssen Familien beim Bauen? -Wandel des Wohnens: Auswertung mit dem Statistisc­hen Landesamt. -Wie sicher ist meine Wohnung?

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FOTO: ZIEGLER, SABINE
 ?? FOTO: SABINE ZIEGLER ?? Ohne den barrierefr­eien Zugang zur Wohnung wird das Leben für viele Menschen bei nachlassen­der Mobilität zu einer Qual.
FOTO: SABINE ZIEGLER Ohne den barrierefr­eien Zugang zur Wohnung wird das Leben für viele Menschen bei nachlassen­der Mobilität zu einer Qual.
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