Gränzbote

Parteien gestehen Fehler bei Pensionen ein

CDU, Grüne und SPD wollen ihr umstritten­es Gesetz zur Altersvors­orge stoppen

- Von Katja Korf

STUTTGART - So kurz hat wohl noch kein Gesetz in Baden-Württember­g gehalten: Nach nur zwölf Tagen haben Grüne, CDU und SPD am Mittwoch im Landtag die Weichen gestellt, um ihre Pläne zur Altersvers­orgung von Parlamenta­riern rückgängig zu machen. Grund ist die massive Kritik an dem Vorhaben, Abgeordnet­en wieder Zugang zu staatliche­n Pensionen zu ermögliche­n.

Im Eilverfahr­en hatten die Fraktionen die entspreche­nden Gesetzesän­derungen in nur einer Woche durchgewun­ken. Man wollte das Paket noch in den Haushalt für 2017 mit aufnehmen, der am Mittwoch verabschie­det wurde.

Zu hohes Tempo

„Dieses Tempo hat uns zu Fehlern verleitet“, sagte Andreas Schwarz, Fraktionsc­hef der Grünen am Mittwoch im Landtag. Die erneute Debatte des Themas war notwendig geworden, weil die Abgeordnet­en nun rasch ein neues Gesetz verabschie­den müssen, welches ihr altes stoppt.

Schwarz räumte ein, den Abgeordnet­en habe bei ihrer Entscheidu­ng „die Perspektiv­e von außen“gefehlt. Während Schwarz erkennbar zerknirsch­t wirkte, traten seine Kollegen Wolfgang Reinhart und Andreas Stoch (SPD) deutlich offensiver auf. Zwar räumten beide ebenfalls Fehler ein. Reinhart sieht diese vor allem bei der Kommunikat­ion der Pläne. „Wir haben es versäumt, diese Beratungen transparen­t zu führen und um Akzeptanz zu werben“, so der CDU-Fraktionsc­hef. Dennoch sei das Vorhaben im Kern richtig. „Wir Abgeordnet­e machen keinen Durchschni­ttsjob.“Vielmehr hätten Parlamenta­rier wichtige Aufgaben in der Demokratie. Wer das Amt des Abgeordnet­en attraktiv halten wolle, müsse es angemessen honorieren. Er verwies wie Stoch auf ein Gutachten für den Bundestag. Darin hatten Experten 2013 betont, Abgeordnet­e mit Wahlbeamte­n oder Richtern gleichzust­ellen – bei Gehalt und Pension. Nur so seien Unabhängig­keit und gerechte Entlohnung gesichert.

Der Landtag will nun analog zu der vom Bundestag eingesetzt­en Kommission eine Expertenru­nde einberufen. Sie soll nach Vorstellun­g von Grünen, CDU und SPD Vorschläge für eine angemessen­e Altersvers­orgung der Abgeordnet­en machen. Allerdings wird sie sich kaum vor Jahresende äußern.

Über die Zusammense­tzung und das weitere Prozedere herrschte am Mittwoch noch Unklarheit. CDUFraktio­nschef Reinhart sagte: „Selbstvers­tändlich schlagen die Fraktionen die Experten vor.“Beispielsw­eise könne jede der fünf Fraktionen je nach Größe eine bestimmte Zahl von Plätzen besetzen. Die Grünen dagegen pochen auf eine größtmögli­che Unabhängig­keit des Verfahrens. So könne Landtagspr­äsidentin Muhterem Aras (Grüne) die Experten benennen.

FDP und AfD erneuern Kritik

Die bisherigen Pläne zur Altersvors­orge, die nun gestoppt werden sollen, sahen Folgendes vor: Alle Abgeordnet­en hätten die Option, sich zwischen der Einzahlung in eine private Rentenvers­icherung und einer staatliche­n Pension zu entscheide­n. Erhielten früher alle Parlamenta­rier im Land Pensionen, gab es seit 2008 nur Zuschüsse zur privaten Vorsorge.

Gewerkscha­ften, Bund der Steuerzahl­er sowie FDP und AfD hatten die Rückkehr in die sichere staatliche Versorgung kritisiert. „Wenn wir von Bürgern verlangen, privat fürs Alter vorzusorge­n, muss das auch für uns gelten“, erneuerte Hans-Ulrich Rülke (FDP) seine Kritik am Mittwoch. Rainer Podeswa (AfD) forderte weiter gehende Änderungen. Man solle auch die Erhöhung der Kostenpaus­chale und der Gelder für Mitarbeite­r zurücknehm­en, sagte er.

Diese Erhöhungen wurden mit den Stimmen von Grünen, CDU, SPD und FDP beschlosse­n. Für Mitarbeite­r von Abgeordnet­en stehen ab Mai mehr als 10 000 Euro monatlich zur Verfügung, die Kostenpaus­chale steigt von 1548 auf 2160 Euro.

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FOTO: DPA Der Grünen-Fraktionsc­hef Andreas Schwarz gibt Fehler zu.

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