De Maiziére will Ausreisepflicht auch durchsetzen
Bundeskabinett billigt Gesetzentwurf mit dem Ziel schnellerer Abschiebungen – Weitere Flüge nach Afghanistan geplant
BERLIN - Die Bundesregierung macht Druck, sie will künftig Ausländer ohne Bleiberecht konsequenter abschieben und Gefährder besser überwachen. Andreas Herholz beantwortet die wichtigsten Fragen zu den Plänen der Bundesregierung und zum Streit über Rückführungen nach Afghanistan.
Was ist das Ziel des Gesetzentwurfs, den das Bundeskabinett am Mittwoch gebilligt hat?
Schneller und konsequenter abschieben – darum geht es. „Diejenigen, die schutzbedürftig sind, sollen integriert werden. Diejenigen, deren Asylantrag abgelehnt wurde, sollen unser Land verlassen“, bekräftigte Bundesinnenminister Thomas de Maizière bei der Vorstellung des Entwurfs. Für dieses Jahr erwartet der CDU-Politiker eine deutliche Zunahme bei abgelehnten Asylbewerbern. Deshalb sei es wichtig, die Ausreisepflicht auch durchzusetzen.
Wie werden die Bestimmungen für Flüchtlinge geändert, die ihre Identität vertuschen?
Für ausreisepflichtige Flüchtlinge, die ihre Identität oder Staatsangehörigkeit nicht richtig angeben, soll künftig eine verschärfte Residenzpflicht gelten. Sie dürfen den Bezirk „ihrer“Ausländerbehörde nicht mehr verlassen. In Zukunft soll das Flüchtlingsbundesamt Bamf auch die Daten von Mobiltelefonen auslesen können, um Identität und Staatsangehörigkeit von Asylsuchenden zu klären, die keine gültigen Ausweispapiere haben. Den Ausländerbehörden ist dies bereits gestattet.
Was ist mit potenziellen Gefährdern?
Der Bund zieht mit dem Gesetz vor allem auch Konsequenzen aus dem Fall Amri. Gefährder mit ausländischer Staatsangehörigkeit sollen leichter in Abschiebehaft genommen und dazu verpflichtet werden können, eine elektronische Fußfessel zu tragen. Die Höchstdauer des Ausreisegewahrsams wird von maximal vier auf zehn Tage verlängert. Gefährliche Ausreisepflichtige sollen in Zukunft auch dann in Abschiebehaft genommen werden, wenn die Rückführung nicht innerhalb von drei Monaten vollzogen werden kann. Dies ist laut Bundesinnenministerium immer häufiger bei fehlenden Ausreisepapieren der Fall.
Wird weiter nach Afghanistan abgeschoben?
Ja. Der Bund soll für dieses Jahr bereits mehrere Charterflüge nach Kabul gebucht haben. Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) verteidigte den Schritt und erklärte, es gebe auch in Afghanistan „viele Regionen und Städte, wo man sicher leben kann“. Einige rot-grün regierte Bundesländer – darunter Schleswig-Holstein – und die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Bärbel Kofler (SPD), lehnen Abschiebungen nach Afghanistan grundsätzlich ab. In Deutschland lebten laut Bundesinnenministerium zuletzt rund 250 000 Afghanen – etwa 1600 sind ausreisepflichtig. Die Anerkennungsquote liegt bei Flüchtlingen vom Hindukusch aktuell bei 56 Prozent.
Wieviele Flüchtlinge sind zuletzt abgeschoben worden?
Verglichen mit den Flüchtlingszahlen der Jahre 2015/16 ist die Zahl der Rückführungen gering. 2016 kehrten rund 80 000 abgelehnte Flüchtlinge zurück in ihre Heimatländer – entweder freiwillig oder sie wurden abgeschoben. Zum Vergleich: 2015 waren es knapp 58 000 Rückkehrer, im Jahr davor 27 000. In den nächsten Monaten werde das Flüchtlingsbundesamt Bamf „fortlaufend eine hohe Zahl von Asylanträgen von Personen ablehnen, die keines Schutzes in Deutschland bedürfen“, heißt es im Kanzleramt.