Gränzbote

Narrengeri­cht verurteilt Bürgermeis­ter Axt

Durchhause­ns Bürgermeis­ter stellt sich den Anschuldig­ungen – Narrenbaum wird nicht gestellt

- Von Andrea Utz

DURCHHAUSE­N - Stürmisch hat sich am Donnerstag­abend der Zug der Hemdglonke­r durch das närrische Durchhause­n gestaltet. Heftige Sturmböen bliesen die Narren förmlich die Straße entlang. Und das bei Mallorca-Wetter. Es herrschten zweistelli­ge Plusgrade. Da konnte der Hemdglonke­r seine dicke Wollmütze, Schal und Handschuhe glatt zuhause lassen. Viele große und kleine Narren trotzten der steifen Brise. Der bunte Zug bahnte sich scheppernd, trommelnd und pfeifend durch den Ort.

Oft kommt es anders als, man denkt und so musste spontan das traditione­lle Programm geändert werden. Auf Anraten der Polizei beschloss Feuerwehrk­ommandant Jörg Wintermant­el, das Stellen zu verschiebe­n.

Mit viel Getöse machten sich die Narren dann ins Rathaus auf. Dort drangen sie in den Sitzungssa­al ein, unterbrach­en die Gemeindera­tssitzung und nahmen den Gemeindera­t samt Bürgermeis­ter Simon Axt gefangen. Sie verlangten die Herausgabe des Schlüssels. An einem Tau wurden Axt und die Gemeinderä­te von den Lupfenhans­ele in die brodelnde Narrhalla abgeführt, wo bereits das gespannte Narrenvolk auf das 46. Narrengeri­cht wartete.

Eröffnet wurde die ehrwürdige Sitzung durch die Klänge des Fanfarenzu­ges Durchhause­n. Georg Walter, dieses Jahr zum 24. Mal Narrenrich­ter, hatte wieder eine große Anklagesch­rift zu verlesen. Dieses Jahr sei es einfach mit der Anklage, konstatier­te der Narrenrich­ter.

Zuerst nahm sich Walter des Bürgermeis­ters an. Dieser war vergangene­s Jahr aufgrund seiner kurzen Amtszeit noch nach dem Jugendrech­t behandelt worden, dies könne heuer nicht mehr so gehandhabt werden. Walter beklagte, dass Axt noch immer nicht im Dorf wohne. Angekreide­t wurde ihm, dass er die Vereine aus dem Füllhorn der Gemeindeka­sse unterstütz­e. Im Vereinshau­s „geht das Geld durch den Kamin buchstäbli­ch in Rauch auf.“

Gemeindera­t bekommt ebenfalls sein Fett ab

Walter beklagte auch, dass die Hundetoile­tten eher zur Müllentsor­gung statt zur Entsorgung der Hinterlass­enschaften der Vierbeiner dienen würden. Besonders verschwend­erisch empfand der Narrenrich­ter, dass in den Schlaglöch­ern der Straßen das Geld verschwind­et.

Der Gemeindera­t bekam ebenfalls sein Fett weg. Einen Kunstrasen­platz aus Steuergeld­ern zu finanziere­n, das würde bei 22 Spielern einen Zuschuss von 16.300 Euro pro Person erfordern. „Bundesliga-Niveau in der A-Klasse“, wertete das der Narrenrich­ter.

Mutig stellte sich Bürgermeis­ter Axt vor sein Gremium und verteidigt­e sich vor dem Narrenvolk. Zur Wohnungsfr­age äußerte er sich ausführlic­h. Bereits in der ersten Gemeindera­tssitzung habe man ihm mitgeteilt, dass nicht „jeder“einfach nach Durchhause­n ziehen dürfe. Aber der Gemeindera­t habe ihm nun im Dezember mitgeteilt, dass er mit seiner Arbeit zufrieden sei und man habe für ihn eine Wohnung im „Zigeunervi­ertel“herausgesu­cht. Aber der Einzug habe sich wegen der langen Lieferfris­t seiner neuen Möbel etwas verzögert, aber jetzt wohne er im Dorf.

Er unterstütz­te die Vereine gerne mit Geld, weil die Vereine sehr wichtig sind. Und von wegen das Geld gehe im Vereinshau­s in Rauch auf. Dass die Hundetoile­tten mehrere strategisc­he Winkelzüge der Gemeindera­ts erfüllten, die nicht immer offen erkenntlic­h sind, erläuterte Axt ausführlic­h. Und so entkräftet­e er einen Anklagepun­kt nach dem anderen Anklagepun­kt. Zum Schluss seiner Verteidigu­ng verlangte Axt einen „lupenreine­n“Freispruch.

Eine Premiere zum Abschluss

Es half alles nichts, der Narrenrich­ter wollte keinen Freispruch gewähren und verurteilt­e Bürgermeis­ter samt Gremium zu Wurst und Wecken für den Narrensame­n und zu Freibier. Eine Premiere gab es im Anschluss. Die Scheckenga­rde des Fanfarenzu­ges Durchhause­n zeigte erstmals beim Hemdglonke­rball ihr Können. So richtig austoben durfte sich nach Abschluss des Verfahrens der Narrensame­n mit Spiel und Spaß, moderiert von Robby Birk und Volker Baier.

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FOTO: ANDREA UTZ Bürgermeis­ter Simon Axt verteidigt sich beim Narrengeri­cht in Durchhause­n.
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