Kritik an EEG-Novelle
Experten fordern technologieneutrale Förderung
RAVENSBURG (ank) - Die Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG), das zu Beginn dieses Jahres in Kraft getreten ist, stößt bei Experten auf Kritik. Sie bemängeln den fehlenden Wettbewerb zwischen den Erzeugungsarten, weil zwischen Solar-, Biomasse- und Windenergie an Land wie auf See unterschiedliche Fördersätze gelten. Die Folge ist, dass die Technologien nicht nur nicht mit konventionellen Energien konkurrieren, sondern auch untereinander nicht im Wettbewerb stehen. Die Monopolkommission, die die Bundesregierung in Wettbewerbsfragen berät, fordert deswegen, die Förderpraxis auf eine technologieneutrale Steuerung umzustellen.
Die Reform sollte das Ansteigen der EEG-Umlage stoppen, indem die Förderung auf ein Ausschreibungsmodell umgestellt wird, bei dem der günstigste Anbieter den Zuschlag erhält, bis die ausgeschriebene Höchstmenge erreicht ist.
RAVENSBURG – Einst galt das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) als deutscher Exportschlager. Die bevorzugte Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen ins Stromnetz und feste, über einen Zeitraum von 20 Jahren staatlich garantierte Einspeisevergütungen für die Erzeuger waren die Garanten für den Durchbruch von Wind-, Sonnen- und Biomassestrom. Etliche Länder haben das deutsche EEG übernommen. Doch das einst gefeierte Ökostromgesetz steht inzwischen am Pranger.
Im Zentrum der Kritik: die Ökostromumlage, mit der der Ausbau erneuerbarer Energien finanziert wird und die von den Verbrauchern – privaten wie gewerblichen – über die Stromrechnung bezahlt werden muss. Vereinfacht ausgedrückt ist sie die Differenz zwischen den festen Einspeisevergütungen und dem an der Strombörse erzielbaren Preis für Ökostrom. Je mehr Wind-, Fotovoltaikund Biomasseanlagen in Betrieb gehen, und je niedriger die an der Strombörse erzielbaren Preise sind, desto höher steigen EEG-Umlage und die Kosten für die Verbraucher.
Seit dem Jahr 1998 hat sie sich von 0,08 Cent auf mittlerweil 6,88 Cent je Kilowattstunde vervielfacht. Inzwischen macht die Umlage knapp ein Viertel des durchschnittlichen Strompreises für Haushaltskunden aus, bei Industriekunden – so sie nicht von der Umlage befreit sind – sogar 40 Prozent. Sie sorgt mit dafür, dass Deutschland europaweit einen Spitzenplatz bei den Stromkosten einnimmt. Angesichts dieser Entwicklung drängt vor allem die Wirtschaft seit Langem auf eine radikale Änderung des Ökostromgesetzes.
Betreiber müssen sich bewerben
Mit der zu Jahresbeginn in Kraft getretenen Novelle ist die Bundesregierung den Forderungen ein Stück weit entgegengekommen: Seit Januar werden große Ökostromanlagen über 750 Kilowatt Leistung nicht mehr über feste Vergütungen gefördert. Stattdessen müssen sich die Betreiber um eine Förderung bewerben, indem sie an einer Ausschreibung teilnehmen. Die günstigsten Anbieter bekommen einen Zuschlag, bis die ausgeschriebene Höchstmenge erreicht ist. Alle weiteren Bieter gehen leer aus.
Die neue Förderpraxis soll für deutlich fallende Preise sorgen. Erste Erfahrungen der Bundesnetzagentur, die für das Verfahren zuständig ist, bestätigen diese Hoffnung. Vor einigen Tagen wurden die Ergebnisse der ersten regulären Solarausschreibungsrunde veröffentlicht. Demnach lag der durchschnittliche Zuschlagswert bei 6,58 Cent pro Kilowatt. Zum Vergleich: Bislang wurden die Betreiber von großen Fotovoltaikanlagen mit 8,91 Cent pro Kilowattstunde vergütet.
„Die Ergebnisse zeigen, dass sich über dieses Verfahren deutlich günstigere Fördersätze realisieren lassen – was sich perspektivisch auch positiv auf die Höhe der EEG-Umlage auswirken wird, die jeder Stromkunde zahlen muss“, sagt Philipp Wolfshohl, Experte für EEG-Ausschreibungen im Referat Erneuerbare Energien bei der Bundesnetzagentur im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“.
Doch die Perspektive wird allenfalls mittelfristig greifen. Kurzfristig müssen Stromkunden mit einer weiter steigenden Ökostromumlage rechnen. In Berechnungen, die das Institut der Deutschen Wirtschaft auf Basis der Erwartungen der Bundesregierung zu den Auswirkungen der neuen Ausschreibungspraxis angestellt hat, steigen die Förderkosten bis 2020 noch einmal merklich an. In diesem „Regierungsszenario“liegt die EEG-Umlage im Jahr 2020 bei 8,60 Cent pro Kilowattstunde – das wäre noch einmal ein Viertel über der geltenden Notierung von 6,88 Cent. Im Szenario „Hoch“, in dem insbesondere ein stärkerer Zubau von Windenergie an Land in den Jahren 2017 und 2018 sowie im Bereich kleinerer Solaranlagen außerhalb der Ausschreibung angenommen wird, müssten Stromkunden 2020 sogar 9,7 Cent pro Kilowattstunde berappen – gut 40 Prozent über dem heutigen Niveau.
Fehlender Wettbewerb
Kritiker bemängeln an der Förderpraxis vor allem eines: den fehlenden Wettbewerb zwischen den einzelnen Erzeugungsarten. So gelten zwischen Solar-, Biomasse- und Windenergie an Land wie auf See unterschiedliche Fördersätze. Die Folge ist, dass die verschiedenen Technologien nicht nur nicht mit konventionellen Energien konkurrieren, sondern auch untereinander nicht im Wettbewerb stehen. Während Strom aus großen Photovoltaikanlagen mit 6,58 Cent pro Kilowattstunde vergütet wird, sind es bei Windkraftanlagen an Land 8,41 Cent und auf See bis zu 19,40 Cent.
Nach Ansicht der Monopolkommission, dem unabhängigen Beratungsgremium, muss die Förderpraxis auf eine technologieneutrale Steuerung umgestellt werden. Dies würde zu mehr Wettbewerb und zum Zuschlag für die kostengünstigsten Erzeugungsanlagen führen. „Nur auf diese Weise kann gewährleistet werden, dass die Energiewende von den effizientesten Technologien getragen wird und die Kosten nicht unnötig anwachsen“, heißt es in einem Gutachten der Wettbewerbshüter. Ähnlich äußert sich auch Lars Feld, Leiter des Walter Eucken Instituts in Freiburg und Mitglied im Rat der Wirtschaftsweisen, im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“: „Wir müssen zu einem technologieneutralen System kommen. Der Status quo sorgt dafür, dass es besonders teuer wird.“
Angesichts der immer schärfer geführten Debatte um die Kosten der Energiewende könnten die Tage des einst gefeierten Ökostromgesetzes gezählt sein. „Die Börsenstrompreise sind drastisch gesunken, die Industriestrompreise seit 2008 aber um ein Viertel gestiegen. So kann es mit der Belastung der Verbraucher durch staatlich veranlasste Kosten am Strompreis nicht weitergehen. Mittelfristig müssen wir uns vom Fördersystem des EEG verabschieden“, fordert Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft.