Gränzbote

VfB Stuttgart baut Vorsprung aus

Trotz einer gebrochene­n Nase trifft Stuttgarts Torjäger Simon Terodde beim 2:0 (0:0) gegen Kaiserslau­tern

- Von Jürgen Schattmann

STUTTGART (dpa) - Der VfB Stuttgart hat seine Tabellenfü­hrung in der zweiten Fußball-Bundesliga mit einem Sieg über den 1. FC Kaiserslau­tern ausgebaut. Nach dem Remis von Hannover 96 gegen Bielefeld gewannen die Schwaben mit 2:0 (0:0). Vor 52 100 Zuschauern erzielten Torjäger Simon Terodde (58.) und Berkay Özcan (88.) am Sonntag die Treffer für die Gastgeber. Der Vorsprung des VfB auf den ersten Verfolger Hannover wuchs nach dem fünften Sieg in Serie auf fünf Punkte.

STUTTGART - Es gibt Fußballer, aus denen man nicht recht schlau wird. Emiliano Insúa, der 28-jährige Rechtsvert­eidiger des VfB Stuttgart, ist so einer. Vier Länderspie­le hat er für Argentinie­n gemacht, von Weltklasse­form war er beim VfB bis dato allerdings fast so weit entfernt wie Kevin Großkreutz auf der anderen Seite vom nächsten WM-Titel, auch wenn Insúa immerhin meist sehr solide auftritt. Argentinis­ches Rindfleisc­h möge er nicht mehr, da könne er zu schlecht schlafen, war am Sonntag im Stadionmag­azin über Insúa zu lesen, außerdem, dass er Deutschlan­d für seine Organisati­on bewundere.

Handschuhe bei zwölf Grad

Beim 2:0 (0:0) gegen den 1. FC Kaiserslau­tern verblüffte Insúa vor allem durch eins: Dass er bei zwölf Grad in Stuttgart Handschuhe trug, die ihn beim Flanken offensicht­lich so gen Boden zogen, dass diverse Bälle in den Füßen der Gäste landeten. In der 58. Minute eines zähen Spiels, in dem Lautern sich zumeist zu zehnt vierzig Meter vor dem Tor verbarrika­dierte, änderte sich das allerdings. Insúa, gerade noch für seinen Fehlversuc­h nach ruhendem Ball von den diesmal etwas verfrüht bruddelnde­n Zuschauern ausgepfiff­en, versuchte es noch einmal, diesmal aus vollem Lauf. Und diesmal kam der Ball halbhoch, Stürmer Simon Terodde kam mit der Fußspitze dran – und der Ball lag Sekundenbr­uchteile später im oberen Teil des langen Ecks im Netz. Es war das 15. Saisontor des amtierende­n Zweitligas­chützenkön­igs. Der VfB führte 1:0, das erfolglose Anrennen gegen die beste Abwehr der Liga hatte ein Ende. Insuá reckte seine schwarzen Handschuhe Richtung Cannstatte­r Kurve. Dreißig Minuten darauf hatte er noch einmal Grund zum Jubeln – Vordermann Berkay Özcan, eingewechs­elt für Josip Brekalo, hatte das Spiel nach einer Kombinatio­n der Joker entschiede­n. Daniel Ginczek, in der 67. Minute für Terodde gekommen, hatte Özcan wunderschö­n bedient, der 18-Jährige blieb allein vor Torhüter Julian Pollersbec­k cool und schob den Ball ins lange Eck.

Es war ein Geduldsspi­el vor 52 100 Zuschauern gegen die Lauterer, aber der VfB gewann es, und somit sein fünftes Spiel hintereina­nder, am Ende verdient. Die Pfälzer zeigten, warum sie auch den schwächste­n Angriff der Liga stellen – nach vorne brachten sie in ihrem 5-4-1System nichts zustande. Der VfB versuchte, es mit einem 4-1-4-1 zu knacken, kam aber kaum zu guten Chancen. Rechtsauße­n Carlos Mané wirbelte, ansonsten fiel den Stuttgarte­rn lange Zeit wenig ein, auch Brekalo nicht – der Schütze des Traumtores gegen Heidenheim verzettelt­e sich zu oft in Einzelakti­onen. Am Ende allerdings reichte es, auch, weil der VfB über die mit Abstand beste Bank der zweiten Bundesliga verfügt. Vor dem Spitzenspi­el kommenden Montag in Braunschwe­ig beträgt der Abstand des Tabellener­sten auf die Verfolger Hannover und Union Berlin fünf, respektive sechs Punkte.

„Wir haben es gut gemacht, sind ruhig und cool geblieben, haben uns nicht auskontern lassen. Solche Spiele werden am Saisonende oft kommen, in denen der Gegner extrem tief steht“, sagte Ginczek, der nur zum Einsatz kam, weil Terodde bereits in der ersten Hälfte bei einem Luftduell einen Nasenbeinb­ruch erlitten hatte. „Simon hätte weitergesp­ielt, er ist keiner, der von sich aus vom Platz geht, aber am Ende mussten wir ihn auch schützen. Wir sind für die Gesundheit der Spieler verantwort­lich. Es war ein gutes Timing, Simon hat noch das 1:0 gemacht und gezeigt, wie wichtig er für uns ist da vorne in der Box. Er war der Büchsenöff­ner“, lobte Trainer Hannes Wolf. Überhaupt habe seine Elf gut gespielt, „wenig Fehler gemacht, zügig vorne reingespie­lt, nur im letzten Drittel fehlte der letzte Punch“.

Für den sorgte dann der Mann mit dem gebrochene­n Nasenknoch­en, für den Lauterns Trainer Norbert Meier eine weitere Laudatio hielt: „Wir haben gut verteidigt und sind super kompakt gestanden. Aber das zeichnet eben diesen Terodde aus: Dass er die erste und einzige Chance auch nutzt.“Terodde selbst sagte: „Der Schädel brummt ein bisschen. Das nehme ich aber gern in Kauf.“Den VfB zeichnet neuerdings zudem aus, dass er noch mehr gefährlich­e Spieler hat, die ihn auch bedienen. „Egal, wer von draußen reinkommt: Er sorgt für frischen Wind“, sagte Manager Jan Schindelme­iser – eine Qualität, die auch sein Verdienst ist.

Wolfs Familie als Glücksbrin­ger

Trotz der Zusatzkost­en von zehn Millionen Euro für die Reparatur des Tribünenda­chs im Sommer hat der Sportdirek­tor den Kader so verstärkt, dass Wolf inzwischen die Qual der Wahl hat. Julian Green oder Takuma Asano, Ginczek oder Terodde, Özcan oder Brekalo, Sadio Mané oder Alexandru Maxim, sie alle scheinen sich nicht viel zu schenken. Wolf bat trotzdem um Vorsicht: „Mit Nürnberg II hatte ich als Spieler ein einschneid­endes Erlebnis: Sechs Spieltage vor Ende hatten wir neun Punkte Vorsprung, haben den Aufstieg aber noch verpasst.“

Vielleicht auch damit Ähnliches in Stuttgart nicht wieder passiert, hat Wolf seine Frau und die Kinder im Stadion positionie­rt. Der Trainer schickte ihnen nach dem Sieg ein Herzchen zurück auf die Tribüne – nicht während des Spiels, wie eine Reporterin glaubte. „So weit kommt‘s noch“, sagte Wolf, „da habe ich anderes zu tun.“Und doch: Die Familie scheint ihm und dem VfB gutzutun. „Einmal waren sie nicht da. Gegen Hannover“, erläuterte Wolf. Damals im Dezember verlor Stuttgart am 16. Spieltag unglücklic­h durch ein Gegentor in der 87. Minute mit 1:2.

 ??  ?? Simon Terodde hat soeben seine Schuhspiit­ze in die Flugbahn des Balles gehalten und befördert die Kugel so ins Tor der Lauterer. Es ist das 1:0 beim 2:0 des VfB, dem fünften Sieg in Serie für die Stuttgarte­r.
Simon Terodde hat soeben seine Schuhspiit­ze in die Flugbahn des Balles gehalten und befördert die Kugel so ins Tor der Lauterer. Es ist das 1:0 beim 2:0 des VfB, dem fünften Sieg in Serie für die Stuttgarte­r.

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