Gränzbote

Der Künstler und die Flüchtling­e

- Von Christine King

Evangelium (Arte, 23.35 Uhr)

Montag, – Allzu viele Narren werden diesen Film sicher nicht sehen. Die einen feiern vermutlich noch, die anderen liegen ermattet darnieder. Das ist schade, denn große Verkleidun­gskunst wird auch hier geboten, obwohl das „Evangelium“so gar nichts mit Fasnacht zu tun hat. Der Experiment­alfilm von Pippo Delbono, einem der innovativs­ten Theatermac­her Italiens, überrascht – vor allem mit gewaltigen Bildern. Männer im Meer oder in einem Maisfeld, starren in die Kamera, ernst, zunächst schweigsam, später reden sie. Die Idee hinter diesem ungewöhnli­chen Theaterpro­jekt: Die Botschaft Christi als musikalisc­he Messe, in der die Flüchtling­e Schlüsself­iguren einnehmen.

In dem Begleitfil­m stellt Delbono mit Handund Handykamer­a den Prozess nach und zeigt, wie es sich so anfühlt im Lager.

Neben der Arbeit am Film inszeniert­e Delbono auch ein Theaterstü­ck: „Vangelo“, ebenso frei nach den Evangelien erzählt und inspiriert von Szenen in Flüchtling­slagern, wurde im Januar 2016 in Paris uraufgefüh­rt. Der Regisseur erzählt, dass ihn seine Mutter auf dem Sterbebett gebeten habe, ein Stück aus der Bibel zu inszeniere­n, das von Liebe handle. Der Theaterpro­fi selbst glaubt nicht an Gott, „nicht an einen, der über das Wasser läuft, während andere ertrinken – so wie Tausende Flüchtling­e, die im Meer den Tod finden“.

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