Auguri, Mister!
Bayern berauscht sich beim 8:0 gegen den HSV an sich selbst und beschenkt Ancelotti
MÜNCHEN - Zur Feier des Tages holte Arjen Robben sogar einen alten Trick aus seiner an fußballerischen Kabinettstückchen reichen Fähigkeitenkiste. Gemeint ist natürlich nicht der Robbentrick, das Hochgeschwindigkeitsdribbling von rechts in die Mitte des Strafraums mit anschließendem Torschuss wendet Robben ja in jedem Spiel an; am Samstag musste er für sein Tor zum Schlusspunkt (87.) dieses locker-leichten 8:0 (3:0) des FC Bayern über den Hamburger SV nicht einmal wirklich in die Mitte ziehen. Zwei Powackler und kurze Stopps genügten, um die Verteidiger ins Leere laufen zu lassen und den Ball schön ins Tor zu schlenzen. Nein, Robben hatte vor diesem Treffer einen Trick angewandt, den „ich eigentlich aus dem System“verbannt hatte: Per Hacke hatte er in der 54. Minute den Ball nach links geleitet, wo der dankbare Robert Lewandowski heranrauschte und den Ball überlegt zum 4:0 ins Tor schob. „Ich habe mich vor Jahren einmal schwer verletzt mit so einem Trick, darum mach’ ich das eigentlich nicht mehr“, sagte Robben, dessen sensible Muskulatur ähnlich legendär ist wie sein Robbentrick. „Aber“, schob er nach, „heute ging es nicht anders und heute war alles gut.“
Kann man so sagen nach einem Spiel, in dem Lewandowski mit seinen Toren zehn (24.), elf (42.) und zwölf (54.) in den letzten zehn Spielen in der Torjägerliste mit jetzt insgesamt 19 Treffern mit Dortmunds Pierre-Emerick Aubameyang gleichzog. In dem Arturo Vidal nicht nur wegen seines Treffers zum 1:0 (17.) seinem Spitznamen „Krieger“endlich auch die Atribute überlegt und wertvoll hinzufügte. In dem der eingewechselte Kingsley Coman seine ersten zwei Tore der Saison (65., 69.) erzielte. In dem Thomas Müller nicht nur nach Meinung von Trainer Carlo Ancelotti „der beste Spieler auf dem Platz“gewesen war. Und das sogar ohne eigenen Torerfolg, sondern als Zeremonienmeister des Spiels, als direkt oder indirekt an fünf Toren beteiligter Gestalter und dann auch noch superuneigennütziger Vorbereiter bei David Alabas Treffer zum 5:0 (56.).
Zur Wahrheit dieses Kantersiegs gehörte freilich auch, dass die Bayern zwar rauschhaft trafen – acht von 18 Chancen, davon zwölf Schüsse aufs gab’s Blumen für Carlo Ancelottis 1000. Spiel. Von dem einen echten Männerkuss Tor – gingen hinein. Doch bis auf den wackeren Torhüter René Adler verweigerten sich die Hamburger wie in den letzten Jahren praktisch immer in München (3:44 Tore und nur Niederlagen in den letzten sieben Spielen!) allem, was nötig ist, um in der Bundesliga zu bestehen. „Wir haben mit dem Arsch eingerissen, was wir uns in den letzten Wochen aufgebaut haben“, sagte Adler und bemängelte: „Ohne Kampf und Leidenschaft kannst du nicht auftreten.“
Kampf hatten die Bayern in diesem Spiel nicht nötig, Leidenschaft eigentlich auch nicht, doch die zeigten sie im Überfluss. Ihren Fans, sich selbst, vor allem aber ihrem Trainer. Denn der Sieg war nichts weniger als ein Geschenk an Ancelotti. Der Italiener feierte am Samstag sein 1000. Spiel an der Seitenlinie, Bayerns Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge hatte ihm dafür vor Anpfiff einen Blumenstrauß und eine überdimensionierte Brezel geschenkt, deren viele Knoten irgendwie bestimmt die Zahl 1000 formten. Ancelotti dankte mit einem italienischen Männerkuss auf die Wange.
Auguri, Mister, Herzlichen Glückwunsch, Trainer! Überwältigender war aber das Geschenk seiner Spieler. „Ich hatte mir ein gutes Spiel von der Mannschaft gewünscht heute, aber dass sie so gut spielen würde, hatte ich nicht erwartet“, sagte er. „Das war Topqualität, ein perfektes Spiel für uns. Es wird schwierig, besser zu spielen.“Ähnlich erfolgreich würde ja reichen. Schließlich liegen die richtig schweren Aufgaben noch vor den Münchnern, die K.o.-Spiele in Pokal und Champions League. Als „Ancelotti-Jahreszeit“bezeichnete Rummenigge den Frühling vor dem Spiel im Vereinsmagazin. In den letzten, trüberen Wochen war rund um den Rekordmeister ja immer die Hoffnung genannt worden, dass Ancelotti, dieser gemütliche Trainer für große Titel, immer dann zur Höchstform auflaufen würde, wenn es wirklich um etwas gehen würde. Am Samstag zeigte seine Mannschaft, dass sie sich auch an sich selbst berauschen kann, wenn der Gegner nur der HSV ist – und dass Spieler und Trainer allmählich zusammenzuwachsen scheinen. „Das 1000. Spiel, und man gewinnt 8:0 – mehr kann man sich nicht wünschen. Ich erwarte, dass er etwas ausgibt“, scherzte Robben zum Abschluss.
Man darf davon ausgehen, dass sich Ancelotti etwas überlegen wird. Regionalliga Südwest (26. Spieltag) SSV Ulm 1846 – Stuttgarter Kickers 1:1 (1:0) Tore: 1:0 Rathgeber (14./Foulelfmeter), 1:1 Weißenfels (76.). – Zuschauer: 2 271.