Cavusoglu greift Deutschland scharf an
Türkischer Außenminister spricht von einer „systematischen Kampagne“
HAMBURG (dpa) - Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu hat Deutschland bei seinem Auftritt in Hamburg scharf angegriffen. Deutschland verfolge eine „systematische Gegnerschaft zur Türkei“, sagte Cavusoglu am Dienstagabend. Türkische Staatsbürger würden in Deutschland „systematisch unterdrückt“, sagte er unter dem Jubel von rund 300 Anhängern vor der Residenz des türkischen Generalkonsuls in der Hansestadt. Das gehöre sich nicht für eine Freundschaft.
Der türkische Außenminister kritisierte eine „systematische Kampagne“gegen die Türkei, obwohl sein Land niemals eine feindselige Haltung gegenüber Deutschland oder den Deutschen eingenommen habe. Die Türkei habe Deutschland immer als „befreundetes Land“angesehen. Zusammentreffen türkischer Politiker mit türkischstämmigen Bürgern in Deutschland sollten gezielt verhindert werden, so Cavusoglus Vorwurf. „Passt das zu den Menschenrechten? Passt das zu den Versammlungsrechten?“, rief Cavusoglu der Übersetzung zufolge in die Menge. Cavusoglu kündigte an, am Mittwoch in Berlin mit Außenminister Sigmar Gabriel zu sprechen: „Wir wollen darüber reden, ob es ein Problem gibt zwischen Deutschland und der Türkei.“
Cavusoglu hatte am Dienstagabend ursprünglich in einer Halle im Stadtteil Wilhelmsburg vor Hunderten Landsleuten auftreten wollen, um für die Einführung des umstrittenen Präsidialsystems zugunsten von Staatschef Recep Tayyip Erdogan in der Türkei zu werben. Dazu gibt es am 16. April eine Referendum, bei dem auch in Deutschland lebende Türken abstimmen dürfen.
Der Außenminister sprach am Dienstagabend letztlich von einem Balkon der Residenz des Generalkonsuls aus. Die Behörden hatten bei der Begehung der Halle im Stadtteil Wilhelmsburg „brandschutzrechtliche Mängel“beanstandet und untersagten die Veranstaltung. Mit diesen Behinderungen könne die türkische Regierung nicht aufgehalten werden, sagte der Minister. „Wir beugen uns nur vor Gott, sonst vor niemandem“, fügte er hinzu und rief die Deutschen auf: „Bitte kehrt ab von diesen falschen Verhaltensweisen.“
Merkel ruft zu Souveränität auf
Werbeauftritte türkischer Regierungsmitglieder in Deutschland sorgen seit Tagen für Wirbel. Schon mehrfach untersagten die zuständigen kommunalen Aufsichtsbehörden Veranstaltungen wegen Sicherheitsrisiken. Die türkische Regierung kritisierte dies scharf. Cavusoglu reagierte mit einer Attacke gegen Deutschland. „Das ist ein total repressives System“, sagte er der Zeitung „Hürriyet“. „Alle Praktiken ähneln denen der Nazi-Zeit. Sie machen Druck, damit für die AKP ein Nein herauskommt.“Auch Erdogan hatte bereits zu einem Vergleich mit der Nazi-Zeit gegriffen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat zu Souveränität im Umgang mit der Türkei aufgerufen. Deutschland müsse den Konflikt mit Ankara um Wahlkampf-Auftritte türkischer Minister im Land aushalten.