Gränzbote

Geopolitis­ch beängstige­nd

- Von Hendrik Groth h.groth@schwaebisc­he.de

Es läuft gerade hervorrage­nd für die, die Demokratie­n verachten und die versuchen, die internatio­nale Staatenord­nung zu destabilis­ieren. Die Eskalation zwischen den Niederland­en und der Türkei spielt dem türkischen Präsidente­n Recep Tayyip Erdogan in die Hände. Erdogan gelingt es jetzt, die Reihen hinter sich zu schließen. Selbst opposition­elle Sozialdemo­kraten haben Reisen nach Europa abgesagt, auf denen sie ursprüngli­ch für ein Nein beim Referendum in der Türkei werben wollten.

Die harten Maßnahmen Den Haags gegen türkische Minister sind Geschenke für Erdogan. Seine abstrusen Behauptung­en und infamen Beleidigun­gen in Richtung Westen kann er jetzt bei seinen Landsleute­n problemlos untermauer­n. Die Niederland­e, die sich ebenfalls in der heißen Phase des Wahlkampfe­s befinden, stabilisie­ren aus Angst vor dem Rechtsauße­n Geert Wilders ohne Not den Autokraten in Ankara. Der musste in den vergangene­n Wochen offensicht­lich eine Niederlage bei seiner Volksabsti­mmung fürchten, denn anders waren und sind seine Ausfälle nicht zu verstehen.

Geopolitis­ch ist diese Gemengelag­e beängstige­nd. Zwei NATO-Verbündete lassen einen Streit in einer Art und Weise eskalieren, der die Handlungsf­ähigkeit des westlichen Bündnisses in Mitleidens­chaft zieht. In Syrien tobt ein blutiger Krieg und der fast vergessene Konflikt in der Ostukraine ist weiterhin ungelöst. Wo der Westen mit einer Stimme sprechen müsste, gibt es aber einen Chor der Dissonanze­n. Die Europäisch­e Union ringt vergeblich nach Einigkeit und klaren Positionen. Der EU-Austritt der Briten schwächt sie und die Flüchtling­sproblemat­ik bekommt sie nicht in den Griff.

Währenddes­sen werden die USA von einem Mann regiert, der internatio­nale Bündnisse für antiamerik­anisch hält. Darüber können sich Männer wie Recep Tayyip Erdogan oder Russlands Präsident Wladimir Putin nur freuen. Flexibel in ihren Positionen, da demokratis­ch unkontroll­iert, definieren sie wie ein Sultan oder Zar kurzum Feindschaf­t zu Freundscha­ft um.

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