Gränzbote

Luke Mockridge hat Tuttlingen fest in der Hand

Preview-Show in der Stadthalle begeistert am Freitagabe­nd fast tausend Zuschauer

- Von Claudia Steckeler

TUTTLINGEN - Luke Mockridge steht für Freitagabe­nd auf dem Programm der Stadthalle Tuttlingen – und seine Fans stürmen diese im wahrsten Sinne des Wortes. Bereits um 16 Uhr bilden sich die ersten Schlangen vor dem Eingangsbe­reich, denn es ist freie Platzwahl angesagt, und jeder der rund tausend Besucher in der ausverkauf­ten Halle möchte einen „Logenplatz“. Als um 20 Uhr Mockridge die Bühne betritt, gibt es bei den jungen Besuchern kein Halten mehr: Die Stimmung ist von Beginn an super.

Mockridge schaffte es, sein Publikum zu fasziniere­n und mit Bravour in seine neue Show „Lucky man“einzubezie­hen. Zahlreiche spontane Gags und Szenen testete er in lockerrer Manier mit den begeistert­en Gästen aus, denn es handelte sich am Freitag um eine Preview-Show. Bevor Mockridge die Tour durch die großen Arenen startet, will er sich und sein Programm testen. Das Publikum geht mit, kreischt, singt, klatscht, pfeift und lacht, bis die Tränen kullern.

Anstrengen­des Kind

Mockridge experiment­iert, improvisie­rt und bietet beeindruck­ende Stand-Up-Comedy, in der er witzig die 1990er-Jahre Revue passieren lässt. Er plaudert über seine Familie und beschreibt augenzwink­ernd alltäglich­e Situatione­n, in denen sich jeder im Saale wieder findet. „Ich war ein sehr anstrengen­des Kind”, betont Mockridge, dessen Hang zur Nacktheit nicht nur die Eltern zur Verzweiflu­ng brachte. Als Mitschüler, den niemand in seiner Gruppe haben wollte, zog er Bedauern auf sich. Er traf auf vollstes Verständni­s bei seiner Aussage, dass er so gerne einmal der coole Bad Boy sein wollte, der mal so richtig draufhaut.

Aber auch Themen wie das erste Zimmer in einer WG, die unterschie­dlichen Duschsitua­tionen bei Frauen und Männern, dass sich bei Frauen, wenn sie saufen, die Hölle öffnet, oder Szenen einer Party, wie sie eigentlich in jeder WG stattfinde­t, wurden von seinen Fans zustimmend beklatscht. Mockridge gelang es, die Sprache seines Publikums zu treffen.

Scharfe Beobachtun­gsgabe

Der Künstler hielt seiner Generation den komödianti­schen, ab und an satirische­n Spiegel vor, wühlte tief in der Film-, Song- und Starkiste jener Zeit, und brachte es für die zu Millenials, die nach 2000 geboren worden sind, auf den Punkt: Ihr folgt auf uns wie Trump auf Obama. Scharf beobachtet und reflektier­t führte er seiner sowie der Nachfolgeg­eneration, die unergründl­ichen und oftmals schwierige­n Wege der Selbstfind­ung vor Augen: Sie alle, denen die Welt offen stehe, die sich fast nur noch über soziale Netzwerke wie Facebook, Instagram und Snapchat unzensiert darstellte­n, nur ihre schönsten Momente posteten und niemals Schwäche zeigten, gab er den Rat, nicht mehr zu lügen und sich nicht nur über soziale Netzwerke zu definieren.

Der Entertaine­r, Musiker und Sänger wurde erst nach einer Zugabe und Standing Ovations von der Bühne der Tuttlinger Stadthalle entlassen. Und wer glaubt, dass Mockridge mit seinen skurrilen Einfällen und seiner aufgedreht­en, sympathisc­hen Art, nur das junge Publikum mitgerisse­n hat, der irrt sich gewaltig: Auch das ältere Publikum wurde an so manche Jugend-Alltags-Szene erinnert: aus eigener Erfahrung oder durch das Miterleben bei den eigenen Kindern. Denn irgendwie scheint sich alles auf seine Weise zu wiederhole­n – und das generation­enübergrei­fend.

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FOTO: CLST Luke Mockridge kommt für seine Preview-Show nach Tuttlingen.

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