Gränzbote

In der Sisyphusar­beit vereint

Das badische Derby endet 1:1, beide Trainer stehen nun vor ähnlichen Aufgaben

- Von Alfred Moosmann

FREIBURG - Das Staunen begann vor dem Spiel. Eine so hochkaräti­g besetzte Ersatzbank hatte der SC Freiburg wohl noch nie. Neben Edeljoker Nils Petersen (6 Saisontore) und Abwehrjuwe­l Caglar Söyüncü, die bereits beim Sieg in Frankfurt nicht zur Anfangself zählten, gehörte gegen Hoffenheim Vincenzo Grifo (fünf Tore/elf Vorlagen) erstmals in dieser Bundesliga­saison nicht zur Startforma­tion. Trainer Christian Streich begründete dies mit der Leistungsd­ichte im Kader: „Eine solche Situation haben wir nicht oft in Freiburg. Es spricht für die Qualität der anderen Spieler, dass Grifo auch mal draußen bleibt“, erklärte er nach dem für den SC schmeichel­haften 1:1 (0:0) im Baden-Derby.

Die anderen Spieler – das sind in der Offensive Florian Niederlech­ner (sieben Tore), der Wangener Janik Haberer und Maximilian Philipp, der nach abgelaufen­er Gelbsperre für Grifo in die Elf rückte und sein achtes Saisontor erzielte, ein im Nachschuss glücklich verwandelt­er Foulelfmet­er zum 1:0 (56.). Florian Niederlech­ner war im Strafraum von Kevin Vogt gefoult worden. „Es ärgert mich, dass ich erst im zweiten Versuch getroffen habe“, sagte Philipp. „Der Elfmeter war nicht gut geschossen.“

Haberer trifft nur den Pfosten

Gut geschossen – das durfte auch Andrej Kramaric von sich behaupten. Der Hoffenheim­er Stürmer zirkelte den Ball kunstvoll vom linken Strafraume­ck zum 1:1 (60.) in den rechten Torwinkel. Trotz seines achten Saisontref­fers war der 25-Jährige unglücklic­h: „Spiele wie diese müssen wir gewinnen, nur dann können wir von Größerem träumen.“Trainer Julian Nagelsmann war anderer Ansicht: „Wir haben ein gutes Auswärtssp­iel gezeigt. Mit dem Ergebnis kann ich leben, auch wenn ein Sieg für uns verdient gewesen wäre. Es ist nicht so schlimm, wenn Hoffenheim in Freiburg nur 1:1 spielt. Freiburg ist immer gut eingestell­t und hätte auch ein zweites Tor machen können. Der SC hat genug gute Spieler, um das hinzukrieg­en.“

Vor allem Janik Haberer ließ Freiburg am Sieg schnuppern. Er bewies seinen gewachsene­n Stellenwer­t für die Mannschaft und hätte seine gute Leistung fast mit dem Siegtor gekrönt – doch der sehenswert­e Direktschu­ss des 22-Jährigen zehn Minuten vor Schluss ging an den Pfosten. „Wir haben ein richtig gutes Spiel gemacht und Hoffenheim vor Probleme gestellt“, sagte Haberer. Aufsteiger Freiburg liegt weiter in Sichtweite zu den Europa-League-Plätzen, Hoffenheim träumt von der Champions League. Nach dem 24. Spieltag haben nur vier Clubs (FC Bayern, Leipzig, Dortmund, Berlin) mehr Siege als die badischen Bundesligi­sten (je zehn). Zweifellos ein Verdienst der Trainer Nagelsmann und und Freiburgs Christian Streich. Streich, die nun vor ähnlichen Herausford­erungen stehen: Der Erfolg weckt bei anderen Clubs Begehrlich­keiten. „Bis zur Perfektion brauchst du Zeit, die du nicht hast. Das sieht man bei uns. Da gehen im Sommer zwei Säulen zu den Bayern: Niklas Süle und Sebastian Rudy. Also muss ich bei gewissen Dingen wieder von vorne anfangen“, hatte Nagelsmann jüngst im „Kicker“geklagt. Streich kennt die Sisyphusar­beit zur Genüge. Immer wieder einen Stein den Berg hinaufzuwä­lzen, ist in Freiburg so selbstvers­tändlich wie die Anwesenhei­t von Bundestrai­ner Joachim Löw im Schwarzwal­d-Stadion.

Die Ausbildung­sarbeit ist Streichs Stärke. Gegen Hoffenheim schien es ihm zudem besonders zu gefallen, die taktischen Winkelzüge seines 29-jährigen Trainerkol­legen zu studieren und zu kontern. „Es war interessan­t, weil Hoffenheim im 43-3-System angefangen hat und wir während der Woche überlegt hatten, ob wir es auch so machen“, sagte Streich lächelnd. Hoffenheim sei „einen Tick besser“gewesen, das Remis sei aber „korrekt“. Der mit 51 Jahren drittältes­te Trainer der Liga und der jüngste Coach verstanden sich gut. Nur in Sachen soziale Medien trennen die beiden Welten. Streich ist ein Verweigere­r, Nagelsmann schreibt auf Facebook. Nach dem Spiel gegen Freiburg klang das so: „Ein hartes Stück Arbeit. Danke für einen vollen Gästeblock.“Ein ausverkauf­tes Haus wie im Schwarzwal­d-Stadion sind sie in der Rhein-Neckar-Arena nicht gewohnt. Auch Hoffenheim hatte also an diesem Tag einen Grund zum Staunen.

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FOTO: DPA Zwei, die sich verstehen: Hoffenheim­s Coach Julian Nagelsmann (li.)

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