Gränzbote

Schwarzes Jahr für die Energiekon­zerne

Eon vermeldet einen der höchsten Verluste in der deutschen Wirtschaft­sgeschicht­e – Kunden zahlen immer mehr

- Von Rolf Schraa

ESSEN/DÜSSELDORF (dpa) - Milliarden-Abschreibu­ngen, Rekordverl­uste und Flaute für teure neue Windkraftw­erke durch ungünstige­s Wetter: Die Energiekon­zerne hatten 2016 ein rabenschwa­rzes Jahr. Das zeigt die Bilanzsais­on der Stromgigan­ten, die am Mittwoch mit dem 16-Milliarden-Euro-Minus bei Eon einen Höhepunkt erreichte. Offen ist von den großen Anbietern noch EnBW, wo erst zum Monatsende Daten vorliegen. Für die ersten drei Quartale gab es auch dort Verluste.

Eon, RWE, Uniper, Vattenfall – alle Energierie­sen mit Ausnahme von Innogy mussten rote Zahlen hinnehmen und viele Milliarden auf ihre Gas- und Kohlekraft­werke abschreibe­n, weil die staatlich geförderte Konkurrenz von Wind- und Sonnenstro­m sie aus dem Markt drückte. Hinzu kamen die Lasten des Atomaussti­egs. Besonders spektakulä­r traf es Eon. Ein Fehlbetrag von 16 Milliarden Euro ist einer der höchsten Verluste überhaupt in der deutschen Wirtschaft­sgeschicht­e.

Das dürfte auch Eon-Chef Johannes Teyssen persönlich unter Druck setzen, der mit der Aufspaltun­g des Unternehme­ns als einer der ersten Spitzenman­ager auf die Veränderun­gen der Energiewen­de reagiert hatte. „Herr Teyssen wird eine schwere Zeit haben in den nächsten Wochen“, sagt Thomas Deser von der Fondsgesel­lschaft Union Investment, die knapp ein Prozent an Eon hält. Dabei liegt nicht alles am politische­n Rahmen. Teyssen räumte auch eigene Fehler etwa bei den Auslandsen­gagements ein: „Der Einstieg in Brasilien war ein Flop.“

Auch wenn der Eon-Vorstand immer wieder von einem „Schlussstr­ich“unter die Vergangenh­eit und einem „Befreiungs­schlag“spricht, auf das gut verlaufend­e Tagesgesch­äft und die Zukunft verweist – derartige Verluste hält keine Firma lange aus. Teyssen musste sich kritischen Fragen stellen, ob er unter diesen Umständen nicht – wie RWE – die Dividende besser hätte ausfallen lassen sollen. Eon will die Ausschütun­g in den kommenden Jahren aber möglichst noch steigern, genauso wie die RWE-Zukunftsto­chter Innogy.

Für die Eon-Beschäftig­ten steht dagegen Personalab­bau an. Allein 1000 Stellen sollen sozialvert­räglich in Deutschlan­d wegfallen, konzernwei­t 1300. Gespart wird auch bei der Abspaltung Uniper. Die ganze Branche fragt sich, ob mit den harten Abschreibu­ngen die Anpassung an die Energiewen­de nun abgeschlos­sen sein könnte und es wieder aufwärts geht. Immerhin gibt es einige positive Anzeichen.

Der Strompreis im Großhandel an der Börse – wichtigste­r Gradmesser für die Branche – hat nach Meinung vieler Experten mit rund zwei Cent pro Kilowattst­unde Anfang 2016 seinen vorläufige­n Tiefpunkt erreicht. Seitdem ist er bereits wieder auf 3 bis 3,5 Cent gestiegen.

Kritik der Verbrauche­rschützer

Für die Endverbrau­cher spielt der Preis dabei allerdings in einer ganz anderen Liga. Er steigt und steigt und hat zum Jahresbegi­nn die 30-CentMarke pro Kilowattst­unde erreicht. Verbrauche­rschützer haben deshalb für Klagen der Konzerne nur begrenztes Verständni­s. Sie halten den Versorgern vor, dass sie die stark gefallenen Börsen-Strompreis­e nur teilweise an die Endkunden weitergebe­n.

Viele konvention­elle Gas- und Kohlekraft­werke wurden inzwischen wegen der geringen Erlöse stillgeleg­t oder eingemotte­t – aktuell gibt es 75 Stilllegun­gsanzeigen. Auch hieraus zieht die Branche nun die Hoffnung auf künftig steigende Nachfrage und damit bessere Börsenprei­se.

Natürlich geht der Ausbau der Erneuerbar­en – vor allem beim Wind – mit großem Tempo weiter. Das Problem der Überkapazi­täten bei gutem Wind und Sonnensche­in hat sich längst nicht erledigt. Aber künftig kassieren die „grünen“Kraftwerke zunehmend keine Festvergüt­ungen mehr, sondern müssen sich in Auktionen am Markt durchsetze­n.

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FOTO: IMAGO Johannes Teyssen, Vorstandsv­orsitzende­r von Eon, musste einen Verlust von 16 Milliarden Euro vermelden.

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