Neue musikalische Heimat
Henning Wehland mit seinem ersten Solo-Werk – Titel „Der letzte an der Bar“ist Programm
RAVENSBURG - Der Mann hat hinreichend Erfahrung im Musikgeschäft, doch erst jetzt, mit 45 Jahren, hat Henning Wehland sein erstes SoloAlbum veröffentlicht: „Der Letzte an der Bar“(Island/Universal) heißt die Platte – und der Titel ist Programm.
Sänger Wehland, der in den 1990er-Jahren mit den H-Blockx erfolgreich Crossover-Rock mit englischen Texten präsentiert und danach bei den Söhnen Mannheims eher besinnliche deutsche Lieder gesungen hat, musiziert vor allem für sich allein. Wehland, der natürlich kein echter Sohn Mannheims, sondern in Bonn geboren und in Münster aufgewachsen ist, findet seine eigene musikalische Heimat.
Das klingt auf Albumlänge, auch wenn das Wort mittlerweile in Musikerkreisen verpönt ist, einfach authentisch. Er habe nicht nach seiner dritten musikalischen Identität gesucht, sagte der Sänger unlängst bei n-tv, aber: „Herausgekommen ist 100 Prozent Henning Wehland. Das hat offensichtlich über 40 Jahre gedauert, ehe sich das so in mir zu einer Geschichte, oder eher zu mehreren Geschichten, geformt hat.“
Musikalisch klingt Wehland sehr oft wie die deutsche Ausgabe des früheren House-of-Pain-Rappers Everlast. Irgendwie scheint man immer wieder dessen vom Blues infizierten 1999er-Hit „What It’s Like“mit deutschen Worten zu hören – was nicht negativ gemeint ist. Das Album überrascht aber auch mit viel Pop und persönlichen, sehr direkten Texten, die meist eigene Erfahrungen, Beobachtungen und Ängste verhandeln. Bei Wehland klingt es nicht einmal peinlich, wenn er in „Der alte Mann und das Leergut“über einen Rentner singt, der Flaschen sammelt. Manches ist textlich eher missraten, etwa wenn sich der frühere „The Voice Kids“-Juror als „Panzer“bezeichnet. Ansonsten genießt er es, „Frei“zu sein. „Mir ist das scheißegal, ob ich Rocker, Rapper oder Hippie bin, ich bin Henning Wehland. Ich hab’ ein Crossover-Gehirn“, sagt er.
Duett mit Sarah Connor
All die Kritik kümmert ihn hörbar wenig. Auf „Tanz um dein Leben“ erklingt – unterstützt von LaBrassBanda – sogar eine punkige Polka. Und als Zugabe gibt es das Duett mit der in der alternativen Musikszene gewiss nicht sonderlich geschätzten Sarah Connor. Dennoch ist auch „Bonnie & Clyde“absolut gelungen. Live: 16.6. Salem, Schloss (mit den Söhnen Mannheims).