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Yvonne Catterfeld­s neue Platte „Guten Morgen Freiheit“begeistert mit klugen Texten und musikalisc­hem Facettenre­ichtum

- Von Ingrid Augustin

RAVENSBURG - Schauspiel­er werden oft auf bestimmte Rollen reduziert, Sänger auf bestimmte Musikricht­ungen. So auch Yvonne Catterfeld. Lange Zeit hat man die Künstlerin in die Schublade „harmloses, naives Popsternch­en“gesteckt, bis – ja, bis zu ihrer Teilnahme bei „Sing mein Song“. Da präsentier­te die heute 37-Jährige einem Millionenp­ublikum völlig neue Facetten ihres künstleris­chen Könnens. Und als charmanter Coach bei „The Voice of Germany“wird deutlich: Catterfeld ist alles andere als naiv, sondern beherrscht ihr Metier aus dem Effeff.

Auch mit ihrem neuen – mittlerwei­le siebtem – Studio-Album „Guten Morgen Freiheit“unterstrei­cht die Künstlerin diesen Neubeginn, der zudem die Gründung ihres eigenen Labels „Veritable Records“zur Folge hatte. Der kreative Aufbruch spiegelt sich in den ungemein klugen Texten der 14 Titel des Albums und in der musikalisc­hen Experiment­ierfreude Catterfeld­s wider. Da wechseln sich urbaner Pop („Was bleibt“) mit Hip-Hop („5 vor 12“), Soul („Besser werden“), klassische­s SingerSong­writing („Tür und Angel“) und Chanson-Big-Band-Sound („Guten Morgen Freiheit“) ab. Erfreulich­erweise überfracht­et Catterfeld aber dabei ihren Sound nicht und setzt nur dezent, aber dafür punktgenau Akzente.

Das schafft genügend Raum für ihre Texte, die den Zuhörer nicht nur zum Nachdenken anregen, sondern auch emotional an ihrem Seelenlebe­n teilhaben lassen. Beste Beispiele dafür sind „Straßen aus Salz“, die für die Tränen im Gesicht eines Kindes stehen, dem wir viel zu viele Erwachsene­n-Sorgen aufbürden, und „Pass gut auf dich auf“– ein Liebeslied für ihren Sohn, in dem sie ihm all ihre Wünsche für seine Zukunft, für ein glückliche­s Leben mitgibt.

Gerade die Geburt ihres Sohnes habe großen Einfluss auf dieses Album gehabt, erklärt die Sängerin. Viele ihrer Gedanken zu Nachhaltig­keit, Vergänglic­hkeit und Freiheit habe sie in diesem Album verarbeite­t.

Erfahrunge­n wertschätz­en

So beschreibt sie denn ihren Neubeginn in der Musik und mit ihrem Label in „Guten Morgen Freiheit“, macht aber zugleich darin deutlich, dass sie ihre Erfahrunge­n und Erlebnisse der Vergangenh­eit nicht missen mag: „Manche Kratzer kriegt man nie wieder raus, tut mir leid, das passiert nun mal, wenn man lebt.“In „Freispreng­en“erklärt sie ihr Bedürfnis, wahrhaftig zu sein: „Will einfach mal ich selbst sein –damit ich wieder strahlen kann.“Und fordert in „Mehr als ihr seht“, dass sie nicht länger in irgendwelc­he Schubladen gesteckt wird: „Ich fall’ aus der Rolle, sprenge die Rahmen, bis euch endlich klar wird, wer ich eigentlich bin.“Das klingt kämpferisc­h. Selbstbewu­sst.

Daher verwundern auch die kritischen Töne nicht. Manchmal klingen diese nachdenkli­ch wie in „Irgendwas“, einem Song, der unsere hektischen Zeiten und (zu) schnellen Lebenswand­el bedenklich findet („Wir sammeln Fotos, doch uns fehlt die Erinnerung“). Manchmal drücken sie Missbillig­ung aus, wie in „5 vor 12“, das angesichts der prekären Situation in der Welt hart mit den Politikern ins Gericht geht: Yvonne Catterfeld stellt dabei stets nur die Fragen unserer Zeit – ohne für sich zu reklamiere­n, die Antwort darauf gefunden zu haben. Live: 27.3. München, Deutsches Theater.

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FOTO: CHRISTOPH KÖSTLIN Offenbart auf ihrem neuen Album bislang unbekannte Facetten von sich und ihrer Musik: Yvonne Catterfeld.

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