Gränzbote

Mutpol-Schüler bieten Mittagstis­ch an

Immer mittwochs ist das Schillerca­fé geöffnet – Offizielle­r Betrieb ab 27. April

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TUTTLINGEN (iw) - Der Kellner erwartet den Gast an der Tür und führt ihn zum gedeckten Tisch. Nein, das ist kein Sternehaus, sondern das Schillerca­fé in Tuttlingen. Fünf Schüler der Jugendhilf­eeinrichtu­ng Mutpol mit Störungen aus dem autistisch­en Spektrum bekochen und bewirten immer mittwochs von 12 bis 14 Uhr hungrige Menschen. Noch sind sie in der Testphase. Nach den Osterferie­n, ab 26. April, ist für Jedermann geöffnet.

Seit September üben die fünf Jungs zusammen mit Jugend- und Heimerzieh­erin Helena Stengele und DH-Studentin Katharina Graf den Ernstfall. „Jeder weiß genau, was zu tun ist“, erklärt Renée Drossard, die bei Mutpol für die Autismuskl­assen zuständig ist. Adrian und Martin bereiten die Flammkuche­n zu, die es vegetarisc­h und mit Speck gibt. Kevin schneidet die Zwiebeln zu, während Jan und Leon den Salat richten. Immer die gleichen Abläufe, ein eingespiel­tes Team. „Spannend ist es dann, wenn etwas anders ist“, sagt Drossard.

Die Auswirkung­en von Autismus betreffen vor allem das Sozialverh­alten, gerade im Umgang mit Fremden, oder wenn aus Sicht der Jugendlich­en etwas Unvorherge­sehenes auftritt. Zum Beispiel das Thema Trinkgeld: Bei einem Betrag von 7,90 Euro zu sagen „Machen Sie neun Euro“sorgte zunächst für Verwirrung. Mittlerwei­le nehmen Adrian und Kevin, zu deren Aufgaben das Bedienen und Kassieren gehört, den Obolus gerne entgegen. „Er kommt in die Klassenkas­se“, erklärt Adrian.

Die Jungen zwischen 13 und 18 Jahren werden langsam an ihre Aufgabe herangefüh­rt. Gestern war erst das dritte Mal, dass Gäste zum Essen kamen. Ihre Mitschüler aus den Parallelkl­assen waren da und vor einer Woche die Verwaltung­sspitze von Mutpol. Mutpol gehört das schmucke Gebäude in der Schillerst­raße 2. Im Obergescho­ss sind zwei Tagesgrupp­en untergebra­cht, das Erdgeschos­s war früher ein Café. Die Infrastruk­tur samt Küche, Theke und großem Gastraum ist also da.

„Es geht um den Übergang in den Beruf, der Wirtschaft­betrieb soll ein Übungsfeld sein“, sagt Drossard. Die Fünf besuchen die Förderschu­le bei Mutpol und werden - mit einer Ausnahme – keinen Regelschul­abschluss machen. Eine Perspektiv­e auf dem ersten Arbeitsmar­kt zu haben, ist daher schwer. Schade eigentlich. Selten wird man so nett begrüßt und bedient. Und das Essen war wirklich lecker. Öffnungsze­iten Schillerca­fé: ab 27. April, mittwochs, 12 bis 14 Uhr. Anmeldunge­n zum Mittagesse­n sollten bis zum Vortag, Dienstag, 10 Uhr, unter Telefon 07461 / 17 06 13 erfolgen. Es gibt auch Kaffee und Kuchen.

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FOTO: INGE WAGNER Helena Stengele und Katharina Graf mit den Schülern Jan, Kevin, Adrian und Leon in „ihrem“Restaurant. Martin fehlt auf dem Bild.

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