May besiegelt historischen Schritt
Großbritannien übergibt Austrittsgesuch in Brüssel – EU kündigt harte Verhandlungen an
LONDON/BRÜSSEL (dpa/AFP) Mittwoch, 29. März 2017 – ein historischer Tag für Europa: Als erstes Mitglied in der Geschichte der Europäischen Union (EU)hat Großbritannien offiziell den Austritt aus der Gemeinschaft erklärt. Neun Monate nach dem Brexit-Votum übergab der britische Botschafter Tim Barrow in Brüssel das sechsseitige Austrittsgesuch persönlich an EU-Ratspräsident Donald Tusk. Nur Minuten später betonte Premierministerin Theresa May vor dem Parlament in London, ihr Land wolle auch künftig eine „besondere Partnerschaft“mit der EU. Allerdings sagte sie auch: „Das ist ein historischer Moment, von dem es kein Zurück geben kann.“
Mit der Übergabe der Austrittserklärung beginnen demnächst zweijährige Trennungsverhandlungen, in denen die Verflechtungen zwischen Großbritannien und der EU gelöst werden müssen. Mehr als 20 000 Gesetze und Regeln sind betroffen. Im März 2019 endet voraussichtlich die EU-Mitgliedschaft des Landes.
Bundeskanzlerin Angela Merkel bedauerte den Antrag Großbritanniens. „Wir verlieren einen starken und wichtigen Mitgliedstaat“, sagte sie. Die CDU-Politikerin räumte ein, dass der angestrebte EU-Austritt Großbritanniens für viele Menschen in Europa „mit ganz konkreten Sorgen über die eigene Zukunft verbunden“sei. Sie wünsche sich, „dass Großbritannien und die Europäische Union enge Partner bleiben“.
May beschrieb ihre Ziele in einem offiziellen Brief und in der Parlamentsrede. „Die Entscheidung vom 23. Juni vergangenen Jahres bedeutete keine Abkehr von den Werten, die wir als Europäer teilen, noch bedeutete sie den Versuch, der Europäischen Union oder einem ihrer verbliebenen Mitglieder Schaden zuzufügen“, erklärte sie. „Das Referendum war vielmehr ein Votum zur Wiederherstellung unserer nationalen Souveränität, wie wir sie sehen. Wir verlassen die Europäische Union, aber wir verlassen nicht Europa.“
Dennoch drohen nun Konflikte. Großbritannien wie die EU machten deutlich, dass sie hart im Sinne eigener Interessen verhandeln wollen. „Unser Ziel ist es, die Kosten für die EU-Bürger, Unternehmen und Mitgliedstaaten so gering wie möglich zu halten“, sagte Ratspräsident Tusk. May beharrte ihrerseits auf einer Forderung, die die EU ablehnt: die Trennung und die künftige Partnerschaft vor dem Ausscheiden im März 2019 gleichzeitig zu klären. Auch Kanzlerin Merkel erteilte diesem Ansinnen eine Absage. Es müsse erst geklärt werden, wie die Beziehungen zwischen Großbritannien und der EU entflochten werden können.
Beide Seiten sehen in den anstehenden Verhandlungen vor allem drei wichtige Knackpunkte: die Zukunft von 3,2 Millionen EU-Bürgern in Großbritannien und einer Million Briten in EU-Ländern. Die Schlussabrechnung für finanzielle Pflichten Großbritanniens, die die Union derzeit mit bis zu 60 Milliarden Euro ansetzt. Und drittens die künftige Grenze zwischen dem EU-Staat Irland und dem britischen Nordirland.