Offensive fordert immer mehr zivile Opfer
Schon seit Beginn der Offensive auf die von der Terrormiliz „Islamischer Staat“(IS) gehaltene nordirakische Stadt Mossul im vergangenen Oktober wächst täglich das Leiden der Zivilisten. Rund 350 000 Menschen wurden von den Kämpfen vertrieben, Tausende verletzt, Hunderte getötet. Doch die jüngste Bombardierung in Mossuls Westen mit mindestens 60 Toten dürfte für die Zivilisten der Stadt die bislang blutigste gewesen sein.
Mit Beteiligung der USA
Anwohner und Aktivisten machen für die Explosion einen Luftangriff der US-geführten internationalen Koalition verantwortlich, die die Offensive mit ihren Jets unterstützt. Der US-Kommandeur der Anti-ISMission, General Stephen Townsend, hat eingeräumt, die USA seien wahrscheinlich beteiligt gewesen.
Wer oder was die heftige Detonation tatsächlich auslöste, ist aber noch nicht endgültig geklärt. Die irakische Armee etwa hat ihre ganz eigene Version. Demnach verminte der IS das Gebäude mit Sprengsätzen. Denkbar ist auch, dass ein Luftangriff ein mit Sprengstoff beladenes Fahrzeug traf, das eine Kettendetonation auslöste.
Tatsächlich sind immer wieder Berichte zu hören, dass die IS-Anhänger Menschen in Häuser sperren und die Gebäude dann für Angriffe auf ihre Gegner nutzen – mit dem Kalkül, dass die Gegenattacken die Zivilisten treffen. Auch die Flucht ist fast unmöglich, weil IS-Scharfschützen auf jeden zielen, der fliehen will.
Auffällig ist allerdings auch, dass sich seit einigen Wochen Berichte nicht nur aus dem Irak, sondern auch aus Syrien häufen, bei Luftschlägen der US-Koalition seien viele Zivilisten ums Leben gekommen. So wurde in dem nordsyrischen Ort al-Dschinnah eine Moschee zerstört, während die Gläubigen dort zum Abendgebet zusammengekommen waren. Aktivisten berichteten von mehr als 40 Toten und zeigten mit dem Finger auf das US-Militär – das den Vorwurf jedoch bestritt.
Alarmierendes Muster
Das Journalistenprojekt Airwars.org, das Informationen zu Luftangriffen sammelt und überprüft, sieht seit Anfang des Jahres einen massiven Anstieg mutmaßlicher ziviler Opfer der Bombardierungen. Auch die Menschenrechtsorganisation Amnesty International erklärte, Beweise deuteten auf ein alarmierendes Muster hin. Luftangriffe der USgeführten Koalition hätten ganze Häuser mit Familien zerstört.
Kritiker werfen der neuen US-Regierung schon seit Wochen vor, die Angriffe verschärft zu haben und weniger Rücksicht auf Zivilisten zu nehmen. Irakische Quellen sprechen davon, dass die Amerikaner die Einsatzregeln gelockert hätten, seitdem Präsident Donald Trump im Amt ist. Der Republikaner hatte schließlich im Wahlkampf ein aggressiveres Vorgehen gegen den IS versprochen. „Ich würde die Sch ... aus ihnen herausbomben“, hatte er gesagt.
Trotz der Vorfälle in den vergangenen Tagen will das Militär die Strategie der Luftangriffe aber nicht auf den Prüfstand stellen. Es gebe seitens des zuständigen Generals Joseph Votel keine Überlegungen, die Vorgehensweise zu ändern, erklärt John Thomas, der Sprecher des Zentralkommandos. (dpa)