„Verlieren Sie nie Ihren Optimismus“
Notker Wolf, früherer Abtprimas der Benediktiner, spricht über Gerechtigkeit in der Welt
TUTTLINGEN - Hoher Besuch am Mittwochabend in der Angerhalle in Möhringen: Der ehemalige Abtprimas der Benediktiner, Notker Wolf, sprach im Rahmen der Vortragsreihe „Die Welt fairbessern“über die Möglichkeiten, die Welt etwas gerechter zu machen.
Vor rund 130 Zuhörern referierte der ehemalige oberste Sprecher des Benediktinerordens über Entwicklungshilfe, Umverteilung, Habgier und Korruption. Wer aber erwartet hatte, dass der 76-Jährige mit einer Litanei an schönen Worten und gebetsmühlenartigen „Alles wird gut“Predigen aufwarten würde, wurde ebenso enttäuscht wie diejenigen, die geglaubt hatten, der Ordensbruder würde zu einem Alle-anderensind-schuld-Rundumschlag ausholen. Stattdessen war der knapp einstündige, offenherzige Vortrag vor allem durch eines geprägt: Realismus.
Und Realität ist nun mal, dass die Ressourcen auf der Welt ungerecht verteilt sind. „Die nördliche Halbkugel ist reich, die südliche arm“, fasste es Wolf zusammen. Doch wie solle dieses Ungleichgewicht beseitigt werden? „Eigentlich bräuchte man eine Eine-Welt-Regierung“, so Wolf. Doch weil das nun mal nicht im Interesse der souveränen Staaten liegt, könnten faire Handelsabkommen Abhilfe schaffen. Doch diesen habe gerade ganz aktuell ein Donald Trump den Kampf angesagt. Was also tun? Die Staatengemeinschaft kennt nur eine Möglichkeit: Entwicklungshilfe. Doch auch die sieht Wolf kritisch: „Wir betreiben seit 50 Jahren Entwicklungshilfe, und was ist dabei herausgekommen?“
Denn Fakt sei, dass die Länder zwar jede Menge Geld bekämen und auch Projekte ins Leben gerufen würden. „Doch sind die afrikanischen Länder mit dieser Nehmerposition glücklich? – Nein!“Denn man habe nie gefragt, was sie eigentlich wollen. „Das Problem sind wir selber. Wir wollen andere immer bevormunden. Dabei vergessen wir, dass auch andere Länder ihren Stolz haben.“ Und das Ergebnis: Viele Projekte verfallen, sobald die europäischen Initiatoren nicht mehr vor Ort sind.
Aus der Sicht von Notker Wolf gibt es nur einen Ansatz, der dauerhaft Lösung verspricht: eine Politik der runden Tische. Man müsse sich zusammensetzen und fragen, was denn die Afrikaner wollten. Man müsse die Hilfe von unten aufbauen und die Menschen nicht einfach nur mit Geld überhäufen, das oftmals in den Taschen korrupter Menschen landet und schlussendlich ins Leere fließt. Wie die Mönche im Mittelalter müssten die Europäer den Afrikanern vorleben, wie es geht und sie so zum Nachahmen animieren. „Und wir brauchen Bildung“, schloss Wolf. Und jede Menge Idealismus. Und diesen sah er in den Ständen der vielen Hilfsorganisationen aus der Region, die sich im Rahmen des Markts der Möglichkeiten vorstellten. „Verlieren Sie nie Ihren Optimismus“, plädierte Wolf abschließend.
„Eigentlich bräuchte man eine Eine-Welt-Regierung.“Notker Wolf