Die Angst vor dem sozialen Abstieg
Ernst Burgbacher, ehemaliger Staatssekretär, will seinen Zuhörern Mut zur Zukunft machen
TROSSINGEN (sz) – „German Angst oder Mut zur Zukunft?“hat der Titel eines VHS-Abendseminars mit Ernst Burgbacher, Parlamentarischer Staatssekretär und MdB a.D., gelautet. Auch wenn die Menschen in Trossingen und der Region derzeit eine wirtschaftliche Hochphase erleben, so hat das Thema viele Zuhörer angelockt.
„Die Angst vor dem sozialen Abstieg prägt Gesellschaft und Politik im Augenblick sehr“, sagte Burgbacher. Dabei sei diese Sorge mit keiner Untersuchung zu belegen. Fakt dagegen sei, dass die „Sicherheit eines Lebenslaufs“nicht mehr im selben Maße existiere wie früher. Gerade im beruflichen Bereich seien Flexibilität, die Bereitschaft umzuziehen und auch neue Wege zu gehen, gefordert. Dass dies dem einen oder anderen Angst mache, könne er gut verstehen.
Ausgangspunkt des Vortrags und der lebhaften Diskussion waren die im Ausland gern als „typisch deutsch“bezeichneten Befürchtungen und Zögerlichkeiten gegenüber Neuem, ganz gleich ob gesellschaftlicher oder technischer Art. Ängste, die jede für sich genommen verständlich seien, bei näherer Betrachtung aber keinem Fakten-Check standhielten, meinte der Referent.
„Die Konsequenz muss deshalb sein, in unser Bildungssystem zu investieren und die Menschen zu befähigen, mit möglichen Bruchstellen selber fertig zu werden“, forderte Ernst Burgbacher. „Ohne Risiko kein Fortschritt. Wenn wir nur Bestehendes absichern, werden wir den Zukunftskampf nicht gewinnen.“
Er warnte vor der politischen Instrumentalisierung der Angst. „So kann man Menschen in gewünschte Richtungen manipulieren.“Entsprechende Tendenzen sähe er bei manchen Internet-Kampagnen, deren Urheber er als „Protest-Industrie“(siehe Kasten) bezeichnete, da sie damit Geld verdiene. „Hier werden Meinungen gemacht von Leuten, die keine Legitimation haben.“
Beim Thema „repräsentative oder direkte Demokratie“, plädierte er angesichts der globalen Ereignisse und Entwicklungen der vergangenen Wochen und Monate für eine „Renaissance der repräsentativen Demokratie, angereichert mit neuen Elementen“, um Trends und Tendenzen schneller erfassen zu können.