Gränzbote

Klimaberic­ht: LBU und SPD verweigern Kenntnisna­hme

Parteien kritisiere­n CDU-Anträge – Anteil der Einfamilie­nhäuser in künftigen Baugebiete­n soll nicht reduziert werden

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TUTTLINGEN (maj) - Im Technische­n Ausschuss der Stadt Tuttlingen ist am Donnerstag ein Sachstands­bericht zum Klimaschut­z vorgestell­t worden, der Vorschläge zum weiteren Vorgehen enthielt. Der vom Umweltbeau­ftragten Michael Hensch ausgearbei­tete Text wurde im Gremium kontrovers diskutiert. Nach zwei Änderungsa­nträgen der CDU-Fraktion verweigert­en LBU und SPD die Kenntnisna­hme des Berichtes.

Wesentlich­e Bausteine durch Anträge rausgefall­en

„Mit den Anträgen der CDU sind wesentlich­e Bausteine des Klimaschut­zes rausgefall­en. Deshalb haben wir nicht mitgestimm­t“, sagten Petra Schmidt-Böhme (LBU) und Klaus Cerny (SPD). Es sei unnötig gewesen, die Absätze im Bereich der Stadtentwi­cklung und der Mobilität explizit rauszunehm­en. Zudem hätte sich die LBU-Gemeinderä­tin gewünscht, dass die „Fachkompet­enz im Umweltbeir­at“bei künftigen Entscheidu­ngen miteinbezo­gen werden müsse. Nach dem Vortrag von Hensch hatte sich Michael Seiberlich (CDU) zu Wort gemeldet und beantragt, dass ein Absatz zur Stadtentwi­cklung ersatzlos gestrichen werden sollte. In der Passage stand, dass freistehen­de Einfamilie­nhäuser das klimaschäd­lichste Hülle-Volumen hätten und bereits bei der Herstellun­g mehr Energie als Doppelhaus­hälften, Reihenhäus­er und Geschossba­uten verbrauche­n würden. Deshalb solle in der Stadtplanu­ng verankert werden, dass in künftigen Baugebiete­n der Anteil freistehen­der Einfamilie­nhäuser reduziert werde.

„Ihr habt alle selbst gebaut“, sprach Seiberlich die Mitglieder des Gremiums an. Jetzt die Anzahl der Einfamilie­nhäuser zu begrenzen und künftigen Bauherren nicht den Luxus eines Eigenheims zu gönnen, sei die falsche Politik. Und Joachim Klüppel (CDU) sagte, dass Tuttlinger dann nach Mühlheim oder Stetten gehen würden, um freie Bauplätze zu erhalten.

Kamm warnt: Nicht am Menschen vorbeiplan­en

Dem entgegnete Susanne Hein (SPD) man müsse den Landschaft­sverbrauch berücksich­tigen. „Wir können nicht weiter die Ränder ausfransen“, stimmte Schmidt-Böhme zu. Für Ulrike Martin (LBU) war die Diskussion lächerlich. „Ich finde in dem Text überhaupt kein Problem. Es steht drin, dass bei Bebauungsp­läne darauf geachtet werden soll, eine andere Relation hinzubekom­men.“

Für Baubürgerm­eister Willi Kamm war es eine wichtige Diskussion. „Das zeigt, in welchem Zielkonfli­kt wir stehen.“Letztlich sei der Text aber nur eine Empfehlung an die Verwaltung für kommende Bebauungsp­läne. „Es wäre aber fatal, wenn wir in Tuttlingen Standards schaffen und die Menschen mit den Füßen abstimmen. Wir dürfen nicht an den Menschen vorbeiplan­en. Trotzdem muss kompakter gebaut werden“, so Kamm.

Trotz des Einwands blieb der CDU-Antrag bestehen – auch um zu verhindern, dass den Einfamilie­nhäusern künftig ein zu geringer Anteil eingeräumt wird. Mit 10:7-Stimmen wurde der Antrag angenommen. Der Passus gestrichen.

Mit einem weiteren Antrag hat die CDU verhindert, dass künftig auch auf den Hauptdurch­gangsstraß­en in Tuttlingen Tempo 30 gelten soll. Der Antrag wurde mit 10:7-Stimmen angenommen. Der vorgelegte Klimaschut­zbericht hatte neben einer Reduzierun­g des CO2-Ausstoßes auch Vorteile bei der Luftreinha­ltung und dem Lärmschutz aufgeführt.

Die Kritik von LBU und SPD richtete sich vor allem gegen die beiden Anträge der CDU. Deshalb hätten die Gemeinderä­te nicht mitgestimm­t. „Wir haben nicht Nein zum Klimaschut­zbericht gesagt. Die Vorlage der Verwaltung ist an für sich gut“, sagten Schmidt-Böhme und Cerny. Der Umweltbeau­ftragte Hensch hatte zu Beginn seines Vortrags erklärt, dass bei den Entscheidu­ngen der Stadt künftig Klimaaspek­te eine Rolle spielen würden. Mit ihrer Zustimmung würden die Mitglieder des Gemeindera­tes dann mit im Boot sitzen.

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