Richard und die trojanischen Pferde
Ehemaliger Verteidiger der Wild Wings ist selbstständiger Fotograf und trainiert eine Hobby-Mannschaft
Heute, Samstag, 13.45 Uhr: JFV Oberes Donautal II – SG Kolbingen. - 15.15 Uhr: Türkgücü Tuttlingen – SG Frittlingen, SG Sulgen II – SpVgg Aldingen, SG Gosheim II – SpVgg Trossingen (in Wehingen), SG Heuberg – Wurmlingen (in Mahlstetten). TUTTLINGEN - Den Platz im Blitzlichtgewitter überlässt er anderen. Richard Trojan steht hinter der Linse und drückt auf den Auslöser. Der ehemalige Verteidiger der Schwenninger Wild Wings, der fast 400 Spiele für den Verein absolviert hat, arbeitet seit sechs Jahren als selbstständiger Fotograf. „Früher habe ich aus Hobby fotografiert. Das hat sich dann so entwickelt. Man merkt, man kann immer mehr und wird häufiger gefragt, ob man nicht Fotos machen kann“, sagt der 51Jährige, der in Donaueschingen mit seiner Frau Petra lebt.
Am liebsten fotografiert Trojan Menschen. „Das ist schwierig. Menschen sind Objekte, über die du keine Kontrolle hast“, meint er. Aber auch für Familienfeiern wird er gebucht, um die schönen Erinnerungen bildlich festzuhalten, genauso wie er für Unternehmen Produkte oder Gebäude ins rechte Licht setzt.
Die Fotografie ist das zweite berufliche Standbein von Trojan. Der langjährige Eishockeyspieler, der als 14-Jähriger mit seiner Familie aus der Slowakei nach Deutschland kam, arbeitet wieder in seinem erlernten Beruf als Zahntechniker. Nach seinem Wechsel zu den Kölner Haien 1983 schließt er diese Lehre noch ab. Erfahrungen als Zahntechniker sammelt er während seiner SportlerLaufbahn aber nicht.
Umso dankbarer ist er für die Chance, nach seiner Karriere wieder in diesem Job zu arbeiten. „Ich hatte Glück und bin eingestellt worden, obwohl ich keine berufliche Routine hatte“, sagt Trojan, der seinen Übergang nach dem Karriereende 1999 als angenehm betrachtet. „Es war human.“Vielen ehemaligen Spitzensportlern würde es allerdings schon zu schaffen machen, wenn sie in einen Beruf einsteigen sollen. „Gefühlt hast du dein Leben lang Sport gemacht. Und plötzlich musst du etwas machen, was andere schon seit vielen Jahren tun. Das ist happig“, sagt Trojan, der nach einem halben Jahr Eingewöhnungszeit wieder ein gutes Niveau als Zahntechniker erreicht hatte. „Ich bin aber auch ehrgeizig.“
Auch im Sport erlangt er höchste Meriten. Mit Köln wird er 1984 und 1986 Deutscher Meister. Schmücken will sich der zweifache Vater damit nicht. „Ich habe eigentlich nur trainiert und stand im Kader. Die Meisterschaft haben die gestandenen Profis erkämpft“, bleibt Trojan in der Rückschau auf den damals 18- bis 20Jährigen bescheiden. Nach den Stationen bei den Zweitligisten Heilbronn – mit einem Abstecher zum Mannheimer ERC für 23 Spiele – und Essen-West unterschreibt er beim SERC, dem er acht Jahre die Treue hält.
Der Wechsel hat einen tragischen Hintergrund. Trojan wird als Ersatz von Thomas Rapsilber verpflichtet, der 1990 als Unbeteiligter einer Schlägerei schwer am Kopf getroffen wird und in der Folge behindert ist. „Das war wohl ein tragischer Unfall. Ich habe ihn nie kennengelernt“, sagt Trojan. Im Jahr 2002 verstarb Rapsilber, als er bei einem Nachtangelausflug im Schluchsee ertrank.
„Es war alles familiär“
Als Lückenfüller hat sich Trojan trotz der Vorgeschichte zu seinem Wechsel nicht gefühlt. „Schwenningen war meine Heimat“, denkt der 1,86 Meter große und 89 Kilogramm schwere frühere Verteidiger gerne an die Zeit im Schwarzwald zurück. Besonders gefallen hat ihm dabei, dass er viele Menschen – Fans, Mitspieler und Vereinsverantwortliche – kennenlernt. „Es war alles schon familiär.“Der Zusammenhalt ist sicherlich auch ein Grund, warum sich der kleine SERC in der höchsten deutschen Liga behaupten kann. „Mit Blick auf die finanziellen Möglichkeiten der Vereine war es für uns oft wie die Gallier gegen die Römer“, sagt Trojan.
Und gegen die Großen ist die Mannschaft und das eishockeybegeisterte Schwenningen meist besonders motiviert. „Wir hatten nur einen kleinen Kader. Da durfte sich keiner verletzen, sonst musstest du doppelt so oft spielen. Trotzdem haben wir gegen die starken Mannschaften immer gut gegengehalten. Die Leute auf der Tribüne haben uns mitgezogen. Das war ein Gänsehautgefühl“, erinnert sich Trojan.
Die beste Saison mit Schwenningen erlebt der Verteidiger unter Trainer Bob Burns in der Spielzeit 1995/ 96. Als Fünfter der Hauptrunde ziehen die Wild Wings noch vor späteren Titelträgern wie den Adler Mannheim, den Krefeld Pinguinen oder den Frankfurt Lions in die PlayOffs ein. Beim 1:3 gegen die Augsburger Panther ist dann aber schon im Achtelfinale Schluss.
Mit dem professionellen Eishockey hat Trojan nur noch wenig zu tun. Zu den Spielen geht er selten ins Stadion. Wenn, dann schaut sich der frühere SERC-Spieler Partien am Fernsehen oder im Internet an. „Ich drücke aber Schwenningen weiter die Daumen und interessiere mich für die Ergebnisse“, sagt er. Vom Sport mit der Scheibe kann er dennoch nicht lassen. Einige Jahre war Trojan Trainer der Skater-HockeyMannschaft der Spaichinger Badgers. In der Relegation gegen die Langenfeld Devils gelingt 2008 der Aufstieg in die erste Bundesliga. „Für unsere Verhältnisse waren wir erfolgreich“, meint Trojan, der die Mannschaft fünf Jahre lang trainiert. Nach dem Abstieg aus der Bundesliga beendet er sein Engagement. Die Badgers liegen ihm immer noch am Herzen. „Das ist ein kleiner Verein mit wirklich bemühten, engagierten Menschen.“
Ein Grund für seinen Abschied von den Badgers war aber auch, weil ihn seine Fotografie immer mehr in Anspruch nimmt. „Ich hatte keine Zeit mehr. Da war es ein fließender Übergang, dass ich das Traineramt beim Hockey weglassen musste.“So ganz kann er es aber nicht lassen. Einmal in der Woche erklärt Trojan interessierten Hobbyspielern das Eishockey. „Seit mehr als zehn Jahren treffen wir uns zum Eishockey spielen. Das sind meistens Fans, denen ich ein paar Übungen zeige und zum Schluss gibt es ein Abschlussspiel. Jeder kann kommen und gegen einen kleinen Unkostenbeitrag mitspielen“, schildert er das Training der Trojan Horses.
Warum er sein Team ausgerechnet nach dem hölzernen Pferd aus dem Trojanischen Krieg benannt hat? Trojan zuckt kurz mit den Schultern. „Ich hätte es auch Penguins oder Sharks nennen können. Aber irgendetwas sollte es schon mit meinem Namen zu tun haben.“Auch wenn Richard Trojan in seiner aktiven Karriere als Verteidiger meist nicht im Vordergrund stand. Der Spieler ist manchen SERC-Fans sicherlich noch bildlich vor Augen.
SERC-Oldies
Richard Trojan