Ole Bull, wer kennt ihn schon?
Ein Violinduo gestaltet in der St. Gallus-Kirche ein Konzert mit Werken auch unbekannter Komponisten
TUTTLINGEN (sb) - Die 4. Geistliche Abendmusik in der Fastenzeit war völlig ungewohnt. Das Violinduo „I Virtuosi Animati“gestaltete in der St. Gallus-Kirche ein ganzes Konzert mit Werken aus Barock bis zur Neuzeit. Magnus Schlichtig ist der Sohn des Tuttlinger Violinpädagogen und Gründer des Tuttlinger Kammerorchesters, Josef Schlichtig. Die Partnerin, Bettina Rustemeyer, studierte Violine in München und Italien.
Die Lautstärkegewohnten Ohren der Hörer mussten sich erst an die feinsinnigen Töne im großen Kirchenraum gewöhnen, bis sie diese zarte Musiksprache in sich wirken lassen konnten.
Kann man die ganze Ouvertüre zu Pfitzners Oper „Palestrina“mit zwei Violinen darstellen? Die Beiden konnten es mit vielen Doppelgriffe und schöner Melodik ausbreiten. Fängt Max Reger musikalisch an zu reden, so hört er nicht so schnell auf, viele Wendungen der Motivik fielen ihm bei Canon und Fuge ein.
Eine eigene Komposition fügte Magnus Schlichtig ins Programm ein: „Frühlingswehen“, und dazu musste er einige Worte sagen: Fröhliche Lichtblicke seien es, der Ernst der Fastenzeit käme erst wieder danach. Erst akkordisches Spiel, dann freudige Melodik der zweiten Violine. weiterhin dynamisch, kontrastreich, hübsche Einwürfe der Partnerin, einfach eine schwärmerische Klangwelt.
Drei Inventionen von Bach
Die drei Inventionen von J. S. Bach gestalteten die beiden ziemlich romantisch, sie können einfach nicht anders. Interessant das Lied „Allein“des Bielefelder Komponisten Raimund Schwedeler (1925-2011) voll neuer Klänge. Dann der Norweger Ole Bull (1810-1880), wer kennt ihn schon? Die Klangfülle der dichten Mehrstimmigkeit in „I ensomme Stunde“füllte den Kirchenraum.
Die Geigentöne von Magnus Schlichtig kamen aus dem Körperinneren, Bettina Rustemeyer bevorzugte jedoch das klassische Violinspiel. In Niccolo Paganinis Sonate eMoll spielte Magnus Schlichtig die Elegie ganz aus dem Herzen, wozu Bettina Rustemeyer die eigentliche Klavierstimme mit vielen Doppelgriffen unterlegte. Im spritzigen Allegro füllte Magnus Schlichtig das ganze Griffbrett bis zur höchsten Höhe mit blitzenden Tönen... Den Schluss des Programmes, „Solveighs Lied“von Grieg, interpretierten die beiden mit doppelter Melancholie und ließen den Schluss ins Nichts verklingen. Der Schlussbeifall galt beiden Musizierenden. Als Zugabe gab’s ein Stück des Cellisten Casals.