Selbsthilfe für Transgender und Co.
Christopher-Street-Day-Verein kommt ins Verzeichnis der Selbsthilfegruppen des Kreises
Verein Christopher-Street-Day bietet Austausch und Unterstützung an.
TUTTLINGEN - 65 Selbsthilfegruppen gibt es im Landkreis Tuttlingen. Die jüngste hat Sabrina Wurdak von der Selbsthilfekontaktstelle des Kreises am Dienstag vorgestellt: Der Christopher-Street-Day-Verein Tuttlingen-Donautal wird in das Gruppenverzeichnis aufgenommen. „Es geht um Lebensbewältigung, um das Recht auf Gleichberechtigung und Gleichbehandlung“, sagt Wurdak. Und nicht zuletzt um den politischen Auftrag, dies zu ermöglichen.
Der Christopher-Street-Day-Verein Tuttlingen/Donautal, kurz CSD, wurde im Dezember 2016 gegründet und hat mittlerweile 17 Mitglieder. Drei davon sind Frauen. Der Verein ist offen für Schwule, Lesben, Bisexuelle, Transgender, Transsexuelle, Intersexuelle und Queere, auch Asexuelle sind angesprochen.
Noch sind die Vereinstreffen lose, „nach Bedarf“, wie Pressereferent Christian Schmidt sagt. Ein eigener Christopher-Street-Day sei frühestens 2018 in Tuttlingen geplant. Doch der Tuttlinger Verein wird bei den CSDs in Stuttgart und Karlsruhe dabei sein. Ebenso versteht sich der Club als Anlaufstelle, er will den Austausch untereinander fördern: „Wo liegen die Ängste, sich zu outen“, nennt Schmidt als ein Beispiel für ein Diskussionsthema. Welche Hürden gibt es zu überwinden, welche haben sich vielleicht sogar von selbst erledigt? Wo sonst gibt es Unterstützung?
Schmidt ist Transgender
Schmidt weiß, wovon er spricht. Der 38-Jährige bezeichnet sich als Transgender: als schwuler Mann, der seine Männlichkeit mag, sich aber auch als Frau ausleben möchte. Die Haare sind rot getönt und etwas länger als der übliche Herrenschnitt. Die Wimpern falsch, die Absätze hoch. Bei der Arbeit – Schmidt ist mobiler Masseur – tritt er als Mann auf. In der Freizeit ist er wie eine Frau gestylt und geschminkt. Sein Ziel ist, als Travestiekünstler auftreten zu können. Den passenden Namen hat er sich schon ausgesucht: Julietta Smith.
„Ich bin ich. Was andere über mich denken, interessiert mich nicht“, sagt er selbstbewusst. Um dieses Selbstbewusstsein zu entwickeln, hat er 37 Jahre gebraucht. Sich lange versteckt, auch hinter einer Ehe und einer weiteren Beziehung zu einer Frau, aus der zwei Kinder hervorgegangen sind. Sexuelle Kontakte zu Männern hat er heimlich an Wochenenden ausgelebt, in entsprechenden Bars und anderen Szenenorten gefunden.
Sich immer zu verstecken, macht krank. Oder abhängig. Bei Christian Schmidt war es der Alkohol, der ihn getröstet hat. „Seit einem Jahr bin ich trocken“, sagt er. Damals hatte er sein Outing, seit sechs Monaten eine feste, offene Beziehung zu einem Mann. Einige Freunde hat er verloren, neue dazugewonnen, andere Freundschaften gefestigt. Und auch wenn seine Eltern nicht begeistert waren: Die Familie hält zu ihm. Allen voran die 83-jährige Großmutter: „Sei doch einfach so, wie Du bist“, hat sie ihm geantwortet.
Die Menschen schauen ihn an
Wenn Christian Schmidt durch Tuttlingen geht, schauen ihn die Menschen an. „Aber mit einem Lächeln“, sagt er. Selbst am Tuttlinger Bahnhof hat Schmidt, der mittlerweile in Stuttgart lebt, nur gute Erfahrungen gemacht, anders als in manch anderer Stadt. „Wir leben in einer Zeit, in der Akzeptanz und Toleranz selbstverständlich sein sollten“, findet er. Mit seiner Arbeit im Verein will er dazu beitragen. Der CSD-Verein wurde gegründet, um auch im Kreis Tuttlingen Flagge für die Vielfalt der LSBTTIQACommunity (Lesben, Schwule, Transsexuelle, Transgender, Intersexuelle, Queere und Asexuelle Menschen) zu zeigen und Vorurteile abzubauen.Wer sich im Christopher-Street-Day-Verein Tuttlingen/Donautal engagieren oder austauschen will, findet einen Kontakt auf der Homepage:
csd-tuttlingen.de