Dortmund in Schockstarre
Spielabsage statt Fußballfest – Sprengstoffanschlag auf BVB-Bus – Bartra leicht verletzt
●SPD-Fraktionsvize
Sascha Binder
(Foto dpa) will die Krawalle der KSC-Fans beim Zweitligaderby am Sonntag beim VfB Stuttgart zum Thema im Innenausschuss des Landtages machen. „Es stellt sich die Frage, ob die Profifußballvereine tatsächlich alles tun, um ihren präventiven Aufgaben zur Aufrechterhaltung der Sicherheit von Fußballspielen gerecht zu werden“, schrieb Binder an den Ausschussvorsitzenden sowie an die Präsidenten der Clubs. Beim Derby hatten Chaoten aus dem KSC-Fanblock unter anderem Leuchtraketen aufs Spielfeld geschossen, das Spiel stand kurz vor dem Abbruch. Binder sieht die Vereine in der Pflicht. In der Sitzung am 26. April soll der Ausschuss das nach seinem Willen mit Verantwortlichen der beiden Vereine sowie mit Vertretern von Polizei und Staatsanwaltschaft diskutieren. KSC-Präsident Ingo Wellenreuther distanzierte sich derweil von den Fans: „Wir sprechen hier über Straftäter, die Menschen mit ihrem Verhalten bewusst und mit voller Absicht in Gefahr gebracht haben“, sagte er. Jeden überführten Täter werde „die gesamte Bandbreite unserer Sanktionsmöglichkeiten treffen“, kündigte der Club an.(dpa) Werder Bremens Bundesliga-Rekordspieler
Dieter Burdenski
(Foto: dpa) hat für rund 850 000 Euro die Mehrheit des polnischen Erstligisten Korona Kielce übernommen. Dies gab der 66 Jahre alte Unternehmer aus Stuhr bekannt. Der frühere Torwart (444 Erstliga-Einsätze für Werder) besitzt nun 72 Prozent der Aktien des Tabellensechsten. „Ich will den Verein nach vorne bringen“, sagte „Budde“. Kielce spielt seit 2009 in der ersten Liga, international ist der Club noch ohne Erfahrung. Die in Deutschland umstrittene 50+1-Regel gibt es in Polen nicht. (dpa) DORTMUND - Kurz nach acht nahm Norbert Dickel das Mikro in die Hand, mit dem er sonst mit sich überschlagender Stimme Aufstellung und Tore verkündet. Dieses Mal war seine Stimme gesetzt bis belegt, denn der ehemalige Stürmer musste die Zuschauer im Stadion über einen schockierenden Vorfall aufklären. „Achtet auf die Anzeigetafel, wir halten Euch auf dem Laufenden“, mahnte Dickel und verkündete das, was bereits 20 Minuten zuvor in sozialen Netzwerken durchgesickert war: Es habe eine Explosion gegeben. Der Vorfall habe sich auf der Wittbräucker Straße – zehn Kilometer vom Dortmunder Stadion entfernt – ereignet. „Bild“berichtete, der 26-jährige Verteidiger Marc Bartra sei dabei verletzt und ins Krankenhaus eingeliefert worden. BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke bestätigte das später, als das Viertelfinal-Hinspiel in der Champions League gegen den AS Monaco schließlich abgesagt und auf den heutigen Mittwoch, 18.45 Uhr verschoben worden war.
Um 23 Uhr gab BVB-Sprecher Sascha Fligge bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Polizei und Staatsanwaltschaft kund, Bartra werde gerade operiert. Die Speiche seines rechten Handgelenks sei gebrochen, zudem habe der Spanier Sprengstoffsplitter im Arm. Dortmunds Polizeipräsident Gregor Lange sprach von einem gezielten Angriff auf die Mannschaft des BVB, in Tatortnähe sei auch ein Schreiben gefunden worden, dessen Echtheit noch geprüft werde und dessen Inhalt aus ermittlungstaktischen Gründen noch geheim bleibe.
Fans blieben ruhig
Zunächst hatte es im Stadion keine näheren Informationen gegeben, was genau geschehen war. Es wurde verkündet, dass eine Kommission unter Führung der UEFA tagen und um 20.30 Uhr eine Entscheidung verkünden würde. Später lobte Watzke das „professionelle Management und das solidarische Miteinander aller Beteiligter“. Torwart Roman Bürki sagte am Abend der Schweizer Zeitung „Blick“: „Ich saß in der hintersten Reihe neben Marc Bartra, der von Splittern der zerborstenen Rückscheibe getroffen wurde. Der Bus bog auf die Hauptstraße ein, als es einen Riesenknall gab – eine regelrechte Explosion.“Dann hätten sich die Spieler geduckt und auf den Boden gelegt. „Wir wussten ja nicht, ob noch mehr passiert.“
Im Stadion war Dickel gegen 20. 15 Uhr erneut ans Mikrofon getreten und hatte von einem „gravierenden Zwischenfall“berichtet, bei dem der Mannschaftsbus stark beschädigt worden sei. Insgesamt drei Sprengsätze wurden am Mannschaftsbus gezündet. Einer sei in unmittelbarer Nähe von Trainer Thomas Tuchel explodiert, die beiden anderen im hinteren Bereich des Busses.
Längst hatte sich im Stadion bei den Zuschauern eine beklemmende Stimmung breit gemacht, die Menschen diskutierten, manche schlugen geschockt die Hände vor das Gesicht. Als die Fans der Monegassen mitbekamen, was passiert war, riefen sie „Dortmund! Dortmund!“, was für ein wenig Gänsehaut an diesem trüben Abend sorgte.
Das Video, das Borussia Dortmund am Spieltag online stellte, hatte noch Lust auf einen großen Abend gemacht: „Welcome to the Capital of Football, AS Monaco“, war da zu lesen, die Worte wurden unterlegt mit fetten Beats und bewegten Bildern von Toren und Emotionen, die es beim BVB in dieser Champions-LeagueSaison bereits zuhauf gegeben hat.
Doch nun ist die Ausgangslage eine ganz andere. Die Dortmunder müssen ihren Schock verdauen, sich sammeln, um dann einen Tag später das zu tun, was gestern unmöglich erschien: Fußball spielen. Alles andere als ein leichtes Unterfangen unter solch dramatischen Begleiterscheinungen. Noch bevor das eigene Spiel in Turin angepfiffen wurde, twitterte der FC Barcelona und garantierte seinem ehemaligen Spieler Marc Bartra „unsere ganze Unterstützung“, das Gleiche gelte auch „für den BVB und seine Fans“.
Als das Spiel eigentlich beginnen sollte, traten Dortmunds Bosse HansJoachim Watzke und Präsident Reinhard Rauball ans Mikrophon des TVSenders Sky. „Wir sind alle geschockt, am meisten jedoch die Mannschaft“, sagte Watzke. Der Geschäftsführer lenkte den Blick bereits auf heute, wenn die Profis wieder dem Ball nachjagen sollen. Ein äußerst schwieriges Unterfangen, „solche Bilder kriegst du so schnell nicht aus dem Kopf“, sagte er. „Ich hoffe, dass die Spieler das einigermaßen wegstecken können.“Rauball versuchte, optimistisch zu bleiben: „Das sind Profis, da bin ich der Auffassung, dass sie das wegstecken können.“Eine Hoffnung, von der auch Watzke getragen wird: „Borussia Dortmund ist ein Verein, bei dem immer dann, wenn die Situation besonders schwierig ist, die Mannschaft besonders stark reagiert.“
Im Laufe des Abends solidarisierten sich vor allem via Twitter zahlreiche Sportler, Funktionäre und Politiker mit dem BVB, darunter auch IOCBoss Thomas Bach und Bundesjustizminister Heiko Maas. Regierungssprecher Steffen Seibert twitterte: „Gute Besserung, @MarcBartra. Große Reaktion der Monaco-Fans. Heute abend stehen alle zum @BVB.“