Selbst vereinte Kräfte halten Vettel nicht auf
Mercedes setzt voll auf Hamilton, doch in Bahrain gewinnt sein Ferrari-Gegenspieler
SAKHIR (dpa/SID) - Mit dem Rosenwasser auf dem Podium wollte sich Sebastian Vettel nicht zufrieden geben. „Darf man an Ostern was trinken? Ich denke, ja“, scherzte der viermalige Weltmeister nach seinem Sieg im Formel-1-Ferrari beim Großen Preis von Bahrain. Gegen diesen Vettel in Titelform vergangener Zeiten half Rivale Mercedes mit Lewis Hamilton nicht einmal die sonst verpönte Stallregie: Gleich zweimal lotsten die Team-Verantwortlichen den Briten an Kollege Valtteri Bottas vorbei. „Das war ein super harter Call, den wir über all die Jahre nicht gemacht haben. Das macht absolut keinen Spaß“, sagte Teamchef Toto Wolff.
Schuld ist Vettel. „Das wird eine Schlacht in dieser Saison – und anscheinend keine für Feiglinge“, schrieb der britische „Guardian“. Nach einem guten Auftaktjahr und Enttäuschungen im Grand-Prix-Takt in der vergangenen Saison ist es nun so weit: Mit dem zweiten Sieg im dritten Rennen – und damit dem besten Saisonstart der Scuderia seit 2008 – sowie der WM-Führung mit sieben Punkten Vorsprung ist Vettel („Ich kann spüren: Wir sind schnell, wir können ein Wörtchen mitreden. Das Auto ist ein Traum.“) vorerst der, den es zu schlagen gilt.
Das weiß Hamilton, das spürt Hamilton, das reizt Hamilton. Nur hinter dem Deutschen zu landen, tut ihm weh. „Ich fühle Schmerz in meinem Herzen, wenn ich Zweiter werde“, sagte der dreimalige Weltmeister. In Bahrain machten dem Briten seine Fehler und kleine Detailfragen zu schaffen. Sie raubten ihm die saisonübergreifend siebte Pole Position in Serie (Schnellster im Qualifying war Bottas), sie ließen ihn am Start auf Rang drei rutschen. Und dann brockte sich Lewis Hamilton auch noch eine Fünf-Sekunden-Strafe ein, weil er in einer Safety-Car-Phase den späteren Fünften, Daniel Ricciardo im Red Bull, aufgehalten hatte.
Kleinigkeiten werden in diesem Jahr über die WM entscheiden, das wissen alle. „Wir sind ganz nah aneinander dran. Das wird genauso eng weitergehen“, befand Mercedes-Motorsportchef Wolff. „Das ist keine einfache Geschichte.“Dass Ferrari Vettel vor Hamilton und Bottas zum Reifenwechsel in die Box geholt hatte, setzte Mercedes unter zusätzlichen Druck.
Bottas: „Bin definitiv Teamplayer“
68 Punkte hat Vettel, auf 61 kommt Hamilton; Bottas ist Dritter mit 38 Punkten. Welche Rolle er im Gigantenduell spielt, wurde am Persischen Golf auch deutlich. So sei das Leben, kommentierte der 27-jährige Nachfolger Nico Rosbergs die zweifache Teamorder. Der Freude über die erste Pole im 80. Versuch folgte die Ernüchterung. Aber Bottas gab sich mannschaftlich: „Das ist wahrscheinlich das Härteste, was man als Rennfahrer hören kann. Aber ich verstehe das Team komplett. Ich bin definitiv ein Teamplayer und würde mich so einer Order nie verschließen.“
Mercedes vereint die Kräfte, um Vettel zu schlagen, der von seinem SF70H gar nicht genug bekommen kann. „Zur Hälfte des Rennen hab’ ich mich schon darauf gefreut, das nächste Mal in den Wagen zu springen“, sagte er. Am heutigen Dienstag bei den offiziellen Testfahrten in Sakhir ist es schon wieder so weit.
Ferraris oberster Boss schrieb – wie schon nach dem Triumph in Australien – umgehend eine Nachricht an das Team. „Wir haben endlich ein konkurrenzfähiges Auto, auf das wir uns verlassen können. Wir sind nun absolut zuversichtlich, dass unser Sieg in Melbourne nicht nur ein einmaliger Erfolg war, sondern dass wir bis zum Ende bei dieser WM vorn dabei sind“, so Sergio Marchionne.
Ob er dabei wusste, dass deutsche Siege in Bahrain mit Blick auf die WM ein gutes Omen sind? Jedenfalls holten Michael Schumacher 2004 im Ferrari, Vettel 2012 und 2013 im Red Bull und Nico Rosberg 2016 den Sieg in Sakhir ... und am Ende der Saison den WM-Titel.