Gränzbote

Alternativ­e zu Deutschlan­d

Neben Überlingen am Bodensee hat die AfD-Spitzenkan­didatin Alice Weidel einen Wohnsitz in der Schweiz

- Von Simon Preisig

Sie soll ihrer Partei Alternativ­e für Deutschlan­d (AfD) im kommenden Herbst den Weg in den Bundestag weisen: die Ökonomin Alice Weidel. Am letzten Wochenende wurde die 38-Jährige beim Parteitag in Köln zur Spitzenkan­didatin gekürt. In den bisher erschienen­en Medienberi­chten über Weidel wird jeweils Überlingen am deutschen Bodenseeuf­er als ihr Wohnort genannt.

Doch wie Recherchen der Schweizer Zeitung „Der Bund“zeigen, steht Weidel auch der Schweiz sehr nah. Die Spitzenpol­itikerin ist nämlich offiziell auch im Schweizer Biel angemeldet. In einem Mehrfamili­enhaus in der Innenstadt zeugt ein entspreche­nd angeschrie­bener Briefkaste­n von ihrer Anwesenhei­t. Auch ihre Schweizer Lebenspart­nerin ist auf dem Türschild vermerkt. Bei einer Nachbarin ist zu erfahren, dass einer ihrer zwei Buben die nahe staatliche Kindertage­sstätte besucht – und dort manchmal von Weidel selber abgeholt wird. Sie habe im übrigen bisher gar nicht gewusst, dass „die nette Dame“eine in Deutschlan­d bekannte Politikeri­n sei. Wie oft Weidel in Biel ist, wo sie Steuern bezahlt und wo sie letztlich ihren Lebensmitt­elpunkt sieht, ist nicht bekannt. Die AfD-Politikeri­n wollte sich auf Anfragen des „Bund“sowie der „Schwäbisch­en Zeitung“nicht zu ihrer Bieler Wohnung äußern.

Politiker, die zeitweise nicht dort wohnen, wo sie gewählt werden wollen, sorgten zumindest in der Schweiz in der Vergangenh­eit immer wieder für Kontrovers­en. So etwa bei den Zürcher Kantonswah­len 2015 als ein Kandidat der CVP (Christlich­demokratis­che Volksparte­i) aus diesem Grund seinen Wahlkampf abbrach. Oder der Bolliger Ex-Gemeindepr­äsident Rudolf Burger, der 2013 in seine Gemeinde zurückzieh­en musste, nachdem sein Wohnortswe­chsel publik wurde.

Keine Auskunftsb­ereitschaf­t

Im Fall von Weidel ist der Wohnort nach deutschem Recht kein Problem. Wählbar für den Bundestag sind alle volljährig­en Deutschen, unabhängig von ihrem Wohnort. Aufwendige­r wird es, wenn Weidel wählen will und eventuell sogar keinen Wohnsitz in Deutschlan­d haben sollte. Dann müsste sie wie andere Auslandsde­utsche einen Antrag auf Eintragung ins Wählerverz­eichnis stellen.

Wie Weidel das Leben in der Schweiz gefällt, ist mangels Auskunftsb­ereitschaf­t nicht bekannt. Doch zumindest das politische System passt ihr sehr. Sehr beeindruck­t sei sie von den Abstimmung­sbüchlein mit allen Informatio­nen sowie Pro- und Kontra-Argumenten, die ihre Partnerin vor den Urnengänge­n zugesandt bekomme, wie sie einst der „Weltwoche“sagte. In der Wahl des Wohnsitzes von Alice Weidel liegt eine gewisse Ironie. Denn obwohl sie zuletzt ihre öffentlich­e Islamkriti­k mehr und mehr verschärft­e, wohnt sie – zumindest zeitweise – ausgerechn­et in der Schweizer Stadt mit dem höchsten Anteil an Muslimen.

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FOTO: DPA Alice Weidel wurde am Wochenende zur AfD-Spitzenkan­didatin für die Bundestags­wahl gekürt.

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