Rekord-Entschädigung für Helmut Kohl
Kölner Landgericht sieht eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts
BERLIN - Der Altkanzler dürfte die Entscheidung mit großer Genugtuung aufgenommen haben: Helmut Kohl (CDU) erhält eine Million Euro als Entschädigung für die Veröffentlichung von Tonbändern mit aus seiner Sicht vertraulich geführten Gesprächen, die er mit dem Journalisten Heribert Schwan geführt hatte. Durch zahlreiche Passagen und Zitate im Buch „Vermächtnis: Die Kohl-Protokolle“sei schwer in die Persönlichkeitsrechte des Altkanzlers eingegriffen worden, urteilte das Kölner Landgericht.
Fünf Millionen Euro Entschädigung hatte Kohl gefordert, nun bekommt er eine Million zugesprochen. Zahlen sollen Schwan, sein Co-Autor Tilman Jens und die Random House Verlagsgruppe. Es ist die höchste Entschädigung, die bislang in Deutschland wegen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung verhängt worden ist. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Autor Schwan hatte angekündigt, Berufung einlegen zu wollen. Ihm hatte das Gericht untersagt, 116 Zitate aus dem Buch „wörtlich oder sinngemäß“zu verbreiten.
Schwan muss Kopien zurückgeben
Am 7. Oktober 2014 hatte der Autor bei der Pressekonferenz im Berliner Luxushotel Westin Grand gesagt: Nein, es sei kein Vertrauensbruch. „Ich hätte niemals eine Schweigepflichterklärung unterzeichnet“, versicherte der Autor. Heribert Schwan sah sich auf der sicheren Seite, wies alle Vorwürfe und Kritik zurück, er habe mit seinem Buch die Regeln gebrochen. 255 Seiten über die umstrittenen Tonbandprotokolle, die der Kohl-Biograf äußerst knapp zusammengefasst hat. 630 Stunden lang hat er 2001 und 2002 nach der verlorenen Bundestagswahl und der CDU-Spendenaffäre mit dem Altkanzler gesprochen, die Interviews auf 200 Tonbändern aufgezeichnet und zudem auf 3000 Seiten protokolliert, als Grundlage für die vierbändigen Kohl-Erinnerungen. Drei von vier Teilen sind erschienen. Während der Arbeit am vierten kam es zu einem Zerwürfnis zwischen Ghostwriter, Altkanzler und dessen neuer Frau Maike KohlRichter.
Das Landgericht Köln hatte das Verbot der weiteren Verbreitung des umstrittenen Buches über den Altkanzler bereits in zweiter Instanz bestätigt und dem Autor einen „unrechtmäßigen Vertrauensbruch“bescheinigt. Ein Ghostwriter müsse schweigen können, so die Richter. Zwischen beiden habe eine stillschweigende Geheimhaltungsvereinbarung bestanden. Es war erneut ein klarer Erfolg für Helmut Kohl, der sich juristisch gegen die nicht autorisierte Veröffentlichung seiner Aussagen über andere Politiker gewehrt hatte. Kohl erwirkte per Gerichtsentscheid die Rückgabe der Bänder. Nun soll Schwan auch die Kopien der Aufnahmen zurückgeben, so das Gericht am Donnerstag.
Bemerkenswert: Das Gericht gibt in seiner Pressemitteilung die beanstandeten Äußerungen wieder, wenn auch mit Anonymisierung der Namen derer, auf die sie sich beziehen. Alle Zitate, unter anderem über „Angela M.“, „Norbert B.“und „Heiner G.“sind dort nachzulesen. Die Deftigkeit der Formulierungen ist kaum zu übertreffen. Wer einmal Feind für Kohl gewesen sei, sei stets Feind geblieben, so Schwan. Niemals werde der Altkanzler Angela Merkel verzeihen, dass sie in der Spendenaffäre per Zeitungsbeitrag mit ihm abgerechnet habe. Der Autor will sich nach dem Urteil am Donnerstag nicht geschlagen geben. „Es ist eine unglaubliche Summe“, reagiert Schwan. „Das ist natürlich auch existenzvernichtend. Ich kann’s nach wie vor nicht begreifen.“