Venezuela treibt Isolation voran
Die venezolanische Regierung setzt inmitten schwerer innenpolitischer Konflikte außenpolitisch auf Isolation. Außenministerin Delcy Rodríguez kündigte an, dass das Land aus der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) austreten werde. „Morgen werden wir der OAS das Austrittschreiben zustellen und den Prozess einleiten“, sagte Rodríguez im Fernsehsender VTV. Die Austrittsverhandlungen würden bis zu zwei Jahren dauern.
Der Rückzug erfolgte nach Rodríguez’ Angaben auf Anweisung von Präsident Nicolás Maduro. Dieser bezeichnete den ältesten Staatenbund Amerikas als eine von den USA angeführte „interventionistische Koalition". OAS-Generalsekretär Luís Almagro ist ein scharfer Kritiker von Maduro und seiner Regierung und hat den Präsidenten mehrfach dazu aufgefordert, die verschobenen Regionalwahlen abzuhalten und auf den Weg der Demokratie zurückzukehren, den Venezuela verlassen habe. Die Demokratie in dem Land sei „tödlich verletzt", sagte der uruguayische Politiker Almagro vor Kurzem.
Die linksnationalistische Regierung in Caracas hat Almagro längst zum Staatsfeind erklärt. Zu Ostern brannten in dem Land Judas-Figuren mit dem Konterfei des OAS-Chefs. Aktueller Auslöser war die Entscheidung des permanenten OAS-Ausschusses, die Außenminister des Staatenbundes einzuberufen, um die Lage in Venezuela zu erörtern.
Bei gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Oppositionellen, Regierungsanhängern und Sicherheitskräften sind seit Anfang April mindestens 32 Menschen ums Leben gekommen.
OAS hat sich emanzipiert
Die in Washington ansässige Organisation wurde in der Vergangenheit tatsächlich von der US-Regierung dominiert und häufig für deren Interessen in Lateinamerika missbraucht. So schloss die OAS Anfang 1962 Kuba auf Druck Washingtons wegen der „marxistisch-leninistischen“Wende aus. Inzwischen aber hat sich die OAS deutlich von den USA emanzipiert.
Allerdings hat sie auch ihre Alleinstellung in der Region eingebüßt. Mittlerweile gibt es mit dem südamerikanischen Staatenbund Unasur und der Gemeinschaft der lateinamerikanischen und karibischen Staaten Celac weitere Staatenbünde in der Region, bei denen Washington nicht Mitglied ist.
Auslöser der seit einem Monat anhaltenden Proteste in Venezuela war eine Entscheidung des Obersten Gerichts TSJ vom 30. März, das Parlament zu entmachten und sich dessen Befugnisse anzueignen. Der Beschluss wurde zwar wenige Tage später wieder zurückgenommen, aber er hat den Zorn der Opposition auf Maduro erneut angefacht. Maduro schließt immer mehr demokratische Wege in Venezuela.
Venezuela lebt zu 95 Prozent vom Ölexport, produziert sonst kaum noch etwas und muss im Wesentlichen alle Güter des täglichen Bedarfs importieren. Dafür ist aber kein Geld mehr da, weil das Land und der staatliche Ölkonzern PDVSA hochverschuldet sind. Die niedrigen Ölpreise verschlimmern dabei die Situation.