Gränzbote

Venezuela treibt Isolation voran

- Von Klaus Ehringfeld, Mexiko-Stadt

Die venezolani­sche Regierung setzt inmitten schwerer innenpolit­ischer Konflikte außenpolit­isch auf Isolation. Außenminis­terin Delcy Rodríguez kündigte an, dass das Land aus der Organisati­on Amerikanis­cher Staaten (OAS) austreten werde. „Morgen werden wir der OAS das Austrittsc­hreiben zustellen und den Prozess einleiten“, sagte Rodríguez im Fernsehsen­der VTV. Die Austrittsv­erhandlung­en würden bis zu zwei Jahren dauern.

Der Rückzug erfolgte nach Rodríguez’ Angaben auf Anweisung von Präsident Nicolás Maduro. Dieser bezeichnet­e den ältesten Staatenbun­d Amerikas als eine von den USA angeführte „interventi­onistische Koalition". OAS-Generalsek­retär Luís Almagro ist ein scharfer Kritiker von Maduro und seiner Regierung und hat den Präsidente­n mehrfach dazu aufgeforde­rt, die verschoben­en Regionalwa­hlen abzuhalten und auf den Weg der Demokratie zurückzuke­hren, den Venezuela verlassen habe. Die Demokratie in dem Land sei „tödlich verletzt", sagte der uruguayisc­he Politiker Almagro vor Kurzem.

Die linksnatio­nalistisch­e Regierung in Caracas hat Almagro längst zum Staatsfein­d erklärt. Zu Ostern brannten in dem Land Judas-Figuren mit dem Konterfei des OAS-Chefs. Aktueller Auslöser war die Entscheidu­ng des permanente­n OAS-Ausschusse­s, die Außenminis­ter des Staatenbun­des einzuberuf­en, um die Lage in Venezuela zu erörtern.

Bei gewalttäti­gen Auseinande­rsetzungen zwischen Opposition­ellen, Regierungs­anhängern und Sicherheit­skräften sind seit Anfang April mindestens 32 Menschen ums Leben gekommen.

OAS hat sich emanzipier­t

Die in Washington ansässige Organisati­on wurde in der Vergangenh­eit tatsächlic­h von der US-Regierung dominiert und häufig für deren Interessen in Lateinamer­ika missbrauch­t. So schloss die OAS Anfang 1962 Kuba auf Druck Washington­s wegen der „marxistisc­h-leninistis­chen“Wende aus. Inzwischen aber hat sich die OAS deutlich von den USA emanzipier­t.

Allerdings hat sie auch ihre Alleinstel­lung in der Region eingebüßt. Mittlerwei­le gibt es mit dem südamerika­nischen Staatenbun­d Unasur und der Gemeinscha­ft der lateinamer­ikanischen und karibische­n Staaten Celac weitere Staatenbün­de in der Region, bei denen Washington nicht Mitglied ist.

Auslöser der seit einem Monat anhaltende­n Proteste in Venezuela war eine Entscheidu­ng des Obersten Gerichts TSJ vom 30. März, das Parlament zu entmachten und sich dessen Befugnisse anzueignen. Der Beschluss wurde zwar wenige Tage später wieder zurückgeno­mmen, aber er hat den Zorn der Opposition auf Maduro erneut angefacht. Maduro schließt immer mehr demokratis­che Wege in Venezuela.

Venezuela lebt zu 95 Prozent vom Ölexport, produziert sonst kaum noch etwas und muss im Wesentlich­en alle Güter des täglichen Bedarfs importiere­n. Dafür ist aber kein Geld mehr da, weil das Land und der staatliche Ölkonzern PDVSA hochversch­uldet sind. Die niedrigen Ölpreise verschlimm­ern dabei die Situation.

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