Gränzbote

Das riskante Geschäft mit Software-Keys

Neben seriösen Anbietern agieren manche Händler in einer rechtliche­n Grauzone

- Von Tobias Hanraths

MÜNCHEN/PINNEBERG (dpa) KAA3-3EN8-GK9R. MPPHC-6V27EYK4W6. Es sieht aus, als wäre jemand mit dem Kopf auf die Tastatur gefallen. Doch bei dem Zeichensal­at handelt es sich in Wahrheit um Zugangscod­es für Spiele, auch Keys genannt. Wer sie auf Plattforme­n wie Steam, im Playstatio­n Network oder im Xbox Store eingibt, erhält damit digitalen Zugriff auf ein Spiel – der Buchstaben­salat ersetzt den Datenträge­r.

Zum Einsatz kommen die Codes vor allem auf dem PC: Ohne Key lassen sich aktuelle Spiele dort in aller Regel gar nicht starten, selbst wenn der Nutzer eine Disc besitzt. Es gibt sie aber auch auf der Konsole, zum Beispiel für kostenpfli­chtige Zusatzinha­lte (DLC), oder als Schlüssel für ganze Spiele. Und gerade auf dem PC lassen sich die Keys auch direkt kaufen – und das oft deutlich günstiger als beim Direktkauf per Downloadpl­attform oder im Laden.

Schnäppche­njäger müssen hier aber genau aufpassen. Denn im Netz gibt es zum einen seriöse Anbieter, sogenannte autorisier­te Keyseller, wie „PC Games“erklärt – darunter Plattforme­n wie Gamesrocke­t, GreenManGa­ming, Gamersgate und Amazon. Solche Anbieter beziehen ihre Codes direkt von den Publishern und Entwickler­n der Spiele. Der Preisunter­schied zum regulären Handel ist hier aber längst nicht so groß wie bei der anderen, nicht ganz so seriösen Sorte Keyseller.

Diese schwarzen oder wenigstens dunkelgrau­en Schafe der Branche werden auch Reseller genannt. Anders als bei den autorisier­ten Keysellern kommen die Codes hier aus anderen Quellen – laut „PC Games“zum Beispiel aus Ländern wie Russland, in denen es Spiele deutlich günstiger gibt. Dazu kommen Software-Pakete mit mehreren Spielen, die Käufer teilweise nutzen und teilweise weitervers­cherbeln, oder ungenutzte Spiele-Codes, die zum Beispiel einer Grafikkart­e oder einer Konsole beilagen.

Ist es erlaubt, solche Codes weiterzuve­rkaufen? Diese Frage ist nicht ganz einfach zu beantworte­n. „Zur Keyselling-Thematik gibt es mittlerwei­le verschiede­ne Urteile von den deutschen Landgerich­ten, dem Bundesgeri­chtshof und dem Europäisch­en Gerichtsho­f, die sich leider teilweise widersprec­hen“, sagt Stephan Mathé, Fachanwalt für gewerblich­en Rechtsschu­tz aus Pinneberg.

So erlaubte der Europäisch­e Gerichtsho­f in einem Urteil von 2012 zum Beispiel, gebrauchte Software weiterzuve­rkaufen. 2014 entschied das Landgerich­t Berlin jedoch, dass diese Entscheidu­ng nur für Software in ihrer ursprüngli­chen Form gilt, wie das Portal „Spielerech­t.de“erklärt. Demnach sei es nicht erlaubt, zum Beispiel ein Paket aus Datenträge­r und Key voneinande­r zu trennen und den Code dann alleine weiterzuve­rkaufen.

Key oft mit Account verknüpft

Hinzu kommt, dass das oft praktisch gar nicht möglich ist. Denn ein einmal genutzter Code ist danach in der Regel für immer mit einem Account verknüpft – und damit wertlos für alle anderen Nutzer. Und so wird die verworrene Rechtslage rund um Keyseller und Reseller auch für den Kunden zum Problem. Schließlic­h kann der sich nie sicher sein, dass der gekaufte Code tatsächlic­h funktionie­rt.

Grundsätzl­ich hat der Kunde zwar einen Anspruch darauf, für sein Geld ein funktionie­rendes Produkt zu bekommen. „Auch beim Softwareka­uf gelten zumeist die allgemeine­n Verbrauche­rrechte“, sagt Mathé. „Funktionie­rt eine Software nicht, habe ich entspreche­nde Ansprüche auf Nachbesser­ung oder auch Rückerstat­tung des Kaufpreise­s.“

Das hilft allerdings nichts, wenn sich die Ansprüche kaum durchsetze­n lassen, weil der Verkäufer zum Beispiel in Hongkong sitzt, so wie viele populäre Reseller. Viele Anbieter berufen sich außerdem darauf, dass sie selbst gar keine Codes verkaufen, sondern nur eine Plattform für den Handel zwischen Nutzern bereitstel­len. Geprellten Kunden hilft es dann auch nichts, sich beim Hersteller des Spiels zu beschweren. „Anspruchsg­egner ist immer der, von dem ich den Key gekauft habe“, sagt Mathé, „und nicht der Publisher oder Entwickler.“

Wer einen Key im Netz erwirbt, sollte den Verkäufer daher vorher erst auf Herz und Nieren testen. Ein guter Anhaltspun­kt dafür ist die Checkliste der Verbrauche­rzentrale Niedersach­sen für sogenannte FakeShops. Demnach sollten sich Onlineshop­per nicht von profession­ell wirkenden Webseiten blenden lassen, sondern vor allem einen Blick ins Impressum werfen: Seriöse Anbieter machen hier ausführlic­he Angaben zu Kontaktmög­lichkeiten und Firmensitz.

Infos zur Herkunft des Codes

Bei Resellern sollten Spieler zudem darauf achten, dass es umfassende Infos zur Herkunft der Codes und zu Gewährleis­tung oder Garantie gibt. Und wer dann immer noch unsicher ist, kann zum Beispiel in Spielefore­n oder sozialen Netzwerken nach Erfahrunge­n mit bestimmten Shops fragen. Das ist viel Recherchea­rbeit, die sich aber lohnt. Denn selbst wenn ein Code funktionie­rt, können Spieler auch nachträgli­ch noch Ärger damit bekommen – etwa weil sie damit gegen die Nutzungsbe­dingungen der Spiele-Publisher und -Plattforme­n verstoßen. Manche verbieten es zum Beispiel, in Deutschlan­d mit Codes aus Russland zu spielen. Andere sperren Codes oder ganze Konten, wenn Keys nachweisba­r von bestimmten Resellern und aus illegaler Quelle stammen.

Wehren können sich Nutzer dagegen nur, wenn die Strafe unverhältn­ismäßig hart ist: „Wird etwa ein kompletter Account mit Dutzenden Spielen sofort gesperrt, nur weil ein Key unzulässig war, dürfte dies unangemess­en sein“, sagt Mathé. „Wer aber wiederholt trotz Warnung gegen die AGB verstößt, muss irgendwann mit entspreche­nden Maßnahmen rechnen.“

 ?? FOTO: KAROLIN KRÄMER ?? Ob der Weiterverk­auf der Keys erlaubt ist, lässt sich nicht einfach beantworte­n.
FOTO: KAROLIN KRÄMER Ob der Weiterverk­auf der Keys erlaubt ist, lässt sich nicht einfach beantworte­n.

Newspapers in German

Newspapers from Germany