Mercedes will keinen Gummi mehr geben
Die Silberpfeile arbeiten an ihren Reifenschwächen, Bottas glaubt nicht an eine Fortsetzung der Stallregie
SOTSCHI (SID/dpa) - Das ersehnte Duell zwischen Silber und Rot bestimmt endlich die Schlagzeilen in der Formel 1, und die beiden Hauptdarsteller geben auch verbal ihr Bestes. „Natürlich will er mich da draußen fertig machen“, sagt Lewis Hamilton über Sebastian Vettel, „umgekehrt gilt das genauso.“Denn der deutsche Ferrari-Pilot ist noch längst nicht zufrieden. „Hatten wir einen tollen Saisonstart? Ja! Sind wir glücklich darüber? Ja! Aber haben wir schon etwas erreicht? Nein“, sagt Vettel vor dem Großen Preis von Russland am Sonntag (14 Uhr/RTL): „Also heißt es: Kopf runter und Vollgas.“
Zwei Siege für Vettel, einer für Mercedes-Star Hamilton, das Titelrennen scheint völlig offen zu sein. Und doch wartet die Formel 1 noch immer auf den ersten echten Zweikampf der Mehrfach-Weltmeister – ein Rad-an-Rad-Duell zwischen Vettel und Hamilton fehlt in dieser Saison noch. Die Rennen in Australien, China und Bahrain waren Fernduelle, sie wurden allesamt am Kommandostand entschieden, in jedem der drei WMLäufe hätte auch der Rivale gewinnen können.
Mercedes ist auf einer Runde an sich zwar eindeutig das schnellere Auto, alle Polepositions gingen bislang recht deutlich an Hamilton und seinen neuen Kollegen Valtteri Bottas. Im Rennen hat allerdings Ferrari Vorteile, weil Mercedes noch mit zu hohem Reifenverschleiß kämpft: Ist der Asphalt zu warm, überhitzen auf der Hinterachse des W08 vor allem die weicheren Gummis – das wurde in Melbourne und Bahrain zum Problem. Vettels neuer Ferrari ist bislang dagegen weit weniger abhängig von äußeren Bedingungen. Der Schlüssel zum Erfolg liegt für Mercedes daher in der Lösung des Problems, bei den Tests in Bahrain suchte das Weltmeisterteam akribisch nach der Ursache für den hohen Verschleiß.
Der Kurs am Schwarzen Meer in Sotschi könnte Mercedes wieder besser liegen. „Wir hatten Probleme mit hohen Temperaturen, die kühleren Bedingungen in Sotschi kommen uns definitiv entgegen“, sagt Bottas: „Ich denke es wird sehr eng.“Zudem ist die Strecke rund um die Olympiastätten von 2014 für ihren sehr reifenschonenden Asphalt bekannt. Das dürfte Mercedes selbst dann helfen, wenn die Schwierigkeiten noch da sind. Allerdings ist auch Ferrari nicht zu unterschätzen. Denn die Scuderia und Vettel waren bislang auf jeder Strecke stark, der SF70-H enttäuschte nie.
Vettel findet eine Stallregie im Kampf um die WM derweil überflüsig. „Zu diesem Zeitpunkt macht es keinen Sinn, über Teamorder zu reden“, sagte er. Bei seinem Sieg in Bahrain hatte Mercedes Hamilton zweimal an dem mit den Reifen kämpfenden Bottas vorbeigelotst. Hamilton sagt: „Das war sehr hart für Valtteri, aber er hat sich wie ein Gentleman verhalten. Ich hätte in seiner Situation genau so reagiert. Es macht keinen Sinn, dass beide Autos zurückfallen.“Bottas befürchtet keine grundsätzliche Degradierung ins zweite Glied. „Dieser Rennstall hatte noch nie einen Fahrer Nummer 1 und einen Fahrer Nummer 2, und das ist auch nicht der Plan“, sagte der Finne.