Gränzbote

Bayerns teuerster April aller Zeiten

Nach dem Ausscheide­n im DFB-Pokal dürften die Münchner das Scheckbuch zücken

- Von Filippo Cataldo

MÜNCHEN - Die ersten 21 Millionen Euro sind schon weg. Am Tag nach dem bitteren, unglücklic­hen, aber auch nicht unbedingt unverdient­en Ausscheide­n aus dem DFB-Pokal im Halbfinale gegen Borussia Dortmund, gab der FC Bayern München die feste Verpflicht­ung des Flügelspie­lers Kingsley Comans bekannt. Nach zwei Saisons, in denen der 20jährige Franzose von Juventus ausgeliehe­n war, wird er ab Sommer und formal bis 2020 festes Mitglied eines Ensembles sein, das noch immer die Vorsilbe „Star-“verdient, aber spätestens nach diesem 2:3 (2:1) gegen die jungen Dortmunder das Prädikat „außergewöh­nlich“ein wenig eingebüßt hat.

Nun ist es immer unfair, vielleicht sogar unlauter, die Bilanz einer ganzen Saison anhand von drei K.o.Spielen im April zu ziehen. Die noch dazu aus Bayernsich­t alle drei höchst unglücklic­h und tragisch verliefen, doch sie haben es ja selbst nicht anders gewollt. Der April war von Trainer Carlo Ancelotti und den Vereinsbos­sen schon seit dem Sommer als Schicksals­monat ausgemacht worden. Im April, nicht schon im Oktober, November oder Januar sollte die Mannschaft ihre Höchstform erreichen. Um dann den maximal triumphale­n Mai zu ermögliche­n.

Bender wird zum Hexer

Nun könnten sie in München mit einigem Recht Schiedsric­hter, den gern imaginiert­en Fußballgot­t, den wahrhaftig­en Cristiano Ronaldo oder wenigstens Sven Bender vermaledei­en. Was wäre gewesen, wenn Viktor Kassai in Madrid mehr Fehlentsch­eidungen zugunsten der Bayern getroffen hätte? Wenn Ronaldo in beiden Champions-League-Viertelfin­als etwas weniger Ronaldo und Sven Bender am Mittwoch einfach nur Sven Bender gewesen wäre? Doch Dortmunds Defensivsp­ezialist Sven Bender, Zwillingsb­ruder von Lars, Spitzname „Manni“, Ehrentitel „Iron“, fußballeri­sch aufgewachs­en beim Münchner Lokalrival­en TSV 1860, war am Mittwoch zum Hexer geworden. In der 63. Minute, die total überlegene­n Münchner führten 2:1 und hatten eine hochklassi­ge Chance nach der nächsten liegen gelassen, lenkte Bender im Stile eines Handballto­rwarts Arjen Robbens Schuss mit der Fußspitze an den linken Pfosten. „Roman Bürki (Dortmunds Torwart, die Red.) hat irgendwie keine Lust mehr gehabt. Da hab’ ich dann gesagt, da übernehme ich mal seinen Part“, sagte Bender später grinsend.

„Hätte, könnte, würde bringt dich im Fußball nicht weiter“, sagte Bayerns Vorstandsc­hef Karl-Heinz Rummenigge jedoch. Nachdem man die „Wunden geleckt“habe, würde man „die Dinge in Ruhe bewerten“. Die Analyse dieser drei Spiele dürfte den April zum teuerstenM­onat in der Geschichte des FC Bayern machen. Die Weiterbesc­häftigung Comans, der heuer den Nachweis schuldig blieb, eines Tages Franck Ribéry oder Arjen Robben nachfolgen zu können und gegen Dortmund nicht einmal im Kader stand, und die schon feststehen­den Verpflicht­ungen der Hoffenheim­er Sebastian Rudy und Niklas Süle dürften nur der Anfang gewesen sein.

Man muss nicht so nah an den Verantwort­lichen sein wie Clublegend­e Mehmet Scholl, um zu einem ähnlichen Schluss zu kommen wie er. „Ich glaube, dass Karl-Heinz Rummenigge und Uli Hoeneß verrückte Dinge machen werden“, sagte Scholl in der ARD. Er meinte: Rekordausg­aben auf dem Transferma­rkt. Auf titellose Jahre – echte oder auch gefühlte wie diese Saison, die Meistersch­aft zählt bei Bayern nicht mehr wie früher – reagieren die Münchner mit dem Scheckbuch. Wie 2007, als man nach der Meistersch­aft des VfB Stuttgart 88,2 Millionen Euro für Spieler wie Franck Ribéry, Luca Toni, Miroslav Klose, Marcell Jansen, José Sosa oder Breno ausgab. Wie 2012, als nach dem VizeTriple für 40 Millionen Euro Javi Martínez kam (und für null Euro der damals mindestens genauso wichtige Sportvorst­and Matthias Sammer). Martínez ist noch immer der teuerste Spieler der Bundesliga­geschichte. Doch 40 Millionen Euro Ablöse sind mittlerwei­le auf dem Markt, auf dem sich die Bayern bedienen müssen, wenn sie die scheidende­n Philipp Lahm und Xabi Alonso adäquat ersetzen, einen Vertreter für Robert Lewandowsk­i und Nachfolger für die alternden Ribéry und Robben finden wollen, fast schon Kleingeld. Für 40 Millionen könnte man womöglich Offensivma­nn Alexis Sánchez vom FC Arsenal bekommen, dessen Vertrag 2018 ausläuft. Der von Ancelotti hochgeschä­tzte italienisc­he Mittelfeld­spieler Marco Verratti, derzeit Paris, dürfte dagegen unter 70 Millionen Euro nicht zu haben sein. Bei dieser Summe würden die Verantwort­lichen von Atlético Madrid für den vielen Bayernfans als Sehnsuchts­spieler geltenden Angreifer Antoine Griezmann sofort wieder auflegen.

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FOTO: IMAGO Das Aus für Bayern: Ousmane Dembélé zirkelt den Ball zum 3:2 für den BVB Richtung Tor, David Alaba, Arturo Vidal und Jérôme Boateng können nichts machen.

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