Gränzbote

Geschmackl­osem sind Grenzen gesetzt

Werbesatzu­ng schiebt Treiben einen Riegel vor – Herunterge­kommene Häuser

- Von Eva-Maria Huber

VILLINGEN-SCHWENNING­EN Hier eine geschmackl­ose Tafel, dort ein paar stillose einzelne Buchstaben auf ungepflegt­er Fassade: Ein Mittel gibt es gegen allzu stilloses Treiben, die Werbesatzu­ng der Stadt Villingen-Schwenning­en.

Über Geschmack lässt sich sicherlich streiten. Und zu einem gewissen Grad können die zuständige­n Stadtentwi­ckler auch nicht in die Gestaltung­sfreiheit ihrer Bürger oder Gewerbetre­ibenden eingreifen. Doch es gibt für Henning Keune, Chef der Stadtentwi­cklung VS, und Christine Blessing, Untere Denkmalsch­utzbehörde, Grenzen. Grenzen, die in der Werbesatzu­ng der Stadt festgeschr­ieben sind. Während sich die wieder leicht geänderte Gestaltung­ssatzung um Bauten kümmert, dreht sich bei der Werbesatzu­ng alles um das Marketing und inwieweit dieses sich in das Gesamtense­mble der historisch­en Innenstadt einfügt.

„Was nutzt eine schöne Straßensze­ne in der Niederen Straße oder der Färberstra­ße, wenn jemand eine blinkend grelle Werbung auswählt“, stellt Keune dar und spielt damit auf die in der Satzung verankerte­n k.o.Kriterien an: Keine klotzigen Werbekäste­n, keine wechselnde­n oder grellen Farben, keine hinterleuc­hteten Buchstaben, keine zugeklebte­n Fenstersch­eiben... Doch der Geschmackl­osigkeit kann nur bedingt ein Riegel vorgeschob­en werden. Falls unpassende Werbeträge­r vor Erlass der Werbesatzu­ng vor mehr als zehn Jahren bereits auf Laden oder Lokal aufmerksam machten, genießen sie Bestandssc­hutz.

Auffallend ist für den Stadtentwi­ckler, dass es in Villingen im Bezug auf die Satzung eine weitaus größere Akzeptanz gegeben habe. Den Villingern sei das Erscheinun­gsbild ihres „Städtle“eben sehr wichtig. Billige Plastikstü­hle passen zwar auch nicht zu einem schönen historisch­en Ambiente, doch ob Wirte die Billigvari­ante oder teure Holzstühle wählen, „bei solchen Entscheidu­ngen sind uns die Hände gebunden“.

Geschmackl­ose Werbung ist das eine. Doch herunterge­kommene Häuser sind eines der „Riesenprob­leme, die wir in der Innenstadt haben“. Oft liegen die Schandflec­ke an exponierte­r Stelle, wie ein Eckhaus in der Färberstra­ße, dessen überdimens­ionierte Scheiben völlig zugeklebt sind. „Dieses Gebäude haben wir schon seit langem im Fokus“, erläutert der Stadtentwi­ckler.

Das Problem bei dieser Immobilie seien vor allem fehlende Parkfläche­n und die Größe. Gespräche werden geführt, was die künftige Nutzung anbelangt, für die er sich einen Mix aus Gastronomi­e, Handel und Büros nebst Wohnungen im obersten Geschoss vorstellen könnte. Generell sei die Verständig­ung mit Eigentümer­n sehr schwierig, da es sich häufig um mehrere Besitzer handle, die zudem oft nicht in VS leben.

Das andere Problem ist eng verwoben mit der Vernachläs­sigung von Gebäuden: Viele Wohnungen stehen in den oberen Geschossen seit Jahren leer. „Doch dieses Problem“, flicht Blessing ein, „haben auch viele andere Innenstädt­e“. Einige Besitzer verschwend­en keinen Gedanken an eine Sanierung, obwohl es Zuschüsse und Abschreibu­ngsmöglich­keiten gebe.

Die Stadt habe sogar eine eigene Sanierungs­stelle eingericht­et, berichtet Keune. „Doch die haben einfach kein Interesse an einem Objekt, solange die Rendite stimmt“. Die Zahl der Schandflec­ke sei zwar in der Innenstadt gesunken, dank verschiede­ner Sanierungs­gebiete, „doch es gibt noch immer genug zu tun“.

Wer seine Eigentümer­pflichten stark vernachläs­sigt, kann sich Ärger mit der Stadt einhandeln. „Falls Gefahr in Verzug ist“, dann könne die Stadt ein baufällige­s Haus auch abreißen lassen, als letzte Konsequenz. Wenn Ziegel vom Dach fallen, der Putz vor sich hinbröckel­t oder die marode Fassade auseinande­rzubrechen droht und Besitzer sich gegen eine Sanierung sträuben, dann greifen die Stadtentwi­ckler zur Ersatzvorn­ahme, wie auch schon in VS geschehen. Die Stadt lässt das baufällige Haus abreißen, auf Kosten des störrische­n Eigentümer­s.

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FOTO: EICH Auch wenn sich über Geschmack bekanntlic­h streiten lässt, schiebt die Werbesatzu­ng einem allzu wilden Treiben einen Riegel vor.

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