Gränzbote

Kampf gegen soziale Ungerechti­gkeit

DGB-Kundgebung zum Tag der Arbeit auf dem Marktplatz

- Von Christian Gerards

TUTTLINGEN - Der Deutsche Gewerkscha­ftsbund (DGB) hat am Montag den Tag der Arbeit unter dem Motto „Wir sind viele. Wir sind eins“auf dem Tuttlinger Marktplatz mit rund 200 Leuten gefeiert. Hauptredne­r war der Bezirkslei­ter der IG Metall Baden-Württember­g, Roman Zitzelsber­ger. Er forderte eine gerechte Entlohnung, einen starken Sozialstaa­t und eine Rente, die nicht in der Altersarmu­t mündet.

„Demokratie, die einen Anspruch auf Teilhabe erhebt, und wachsende Ungleichhe­it schließen sich auf Dauer aus“, sagte Zitzelsber­ger. Daher forderte er, dass der gesellscha­ftliche Reichtum besser verteilt werden müsse. Der DGB-Mann kritisiert­e, dass von Amts wegen bekannt sei, wie viele Zahnbürste­n im Badezimmer eines Hartz IV-Empfängers stehen würden, aber bei „Millionäre­n hingegen noch nicht einmal erfasst ist, wie viele Millionen sie besitzen“.

Systematis­ch seien die Steuern abgeschaff­t oder so verändert worden, dass sie keinen Einblick in die Besitzverh­ältnisse der Reichen mehr geben würden, etwa bei der Vermögenss­teuer oder der Erbschafts­steuer: „Große Vermögen und Besitztüme­r werden nicht ausreichen­d erfasst und völlig unzureiche­nd besteuert“, urteilte Zitzelsber­ger.

Erhöhung des Spitzenste­uersatzes

Daher forderte der IGM-Bezirkslei­ter eine Erhöhung des Spitzenste­uersatzes für hohe Einkommen, das Ende der Abgeltungs­steuer bei Zinsen und Dividenden, eine stärkere Heranziehu­ng großer Vermögen und Erbschafte­n, die zügige Umsetzung einer Finanztran­saktionsst­euer, eine effektive Bekämpfung von Steueroase­n und Regeln zur Mindestbes­teuerung von Unternehme­n in der Europäisch­en Union: „Mit diesen Maßnahmen bricht im Land keineswegs der Sozialismu­s aus.“

Laut einer Umfrage des DGB, an der 680 000 Beschäftig­te teilgenomm­en hätten, müsse es das Ziel sein, dass sich die Menschen nicht länger „den Zwängen des Marktes und Zufällen des Lebens ausgeliefe­rt fühlen“. Daher seien weniger Leiharbeit, weniger Werkverträ­ge, keine grundlose Befristung, keine unfreiwill­ige Teilzeit, keine Mini-Jobs und kein Niedrigloh­n erforderli­ch.

Zitzelsber­ger prangerte an, dass sich Teile der Arbeitgebe­r aus der Verantwort­ung stehlen und nicht einmal gewährleis­ten würden, dass der Lohn das Existenzmi­nimum abdeckt. Für die Zukunft forderte er einen „Dreisprung“, um die Sicherheit und berufliche Perspektiv­e der Mitarbeite­r im Zuge der Industrie 4.0 zu gewährleis­ten: eine intelligen­te Industrieu­nd Dienstleis­tungspolit­ik, eine Qualifizie­rungsoffen­sive und eine Verlängeru­ng der Bezugsdaue­r von Arbeitslos­engeld.

Edmond Jäger, Vorsitzend­er des Tuttlinger DGB-Kreisverba­nds, hatte zuvor betont, dass sich die Arbeiter nicht nach Nationalit­ät oder Herkunft spalten lassen sollten. Angesichts von Brexit, der französisc­hen Präsidents­chaftskand­idatin Marine Le Pen und des US-amerikanis­chen Präsidente­n Donald Trump habe man derzeit das Gefühl, dass „die Nationalis­ten und Abspalter auf dem Vormarsch“seien. Kernpunkte seiner Rede waren die soziale Gerechtigk­eit, die Forderung nach einer gerechten Entlohnung guter Arbeit, die Handlungsf­ähigkeit des Staates sowie die Internatio­nale.

So forderte Jäger etwa, dass sich die Arbeitgebe­r wieder paritätisc­h an der Finanzieru­ng der Rente beteiligen sollten. Er brachte eine Mindestren­te ins Spiel, die es in anderen europäisch­en Ländern, etwa Österreich, bereits geben würde. „Eine Demokratie ohne Sozialstaa­t findet keine Anhänger“, meinte Jäger. Daher müsse auch ein soziales Europa her.

Arbeiten und doch Aufstocken

Der katholisch­e Betriebsse­elsorger Thomas Maile betonte, dass der erste Mai nicht nur ein Feiertag, sondern auch ein „Kampftag der Arbeiterbe­wegung“sei. Auch er forderte, dass es keine Hungerlöhn­e geben dürfe. Im reichen Deutschlan­d gebe es Armut und prekäre Arbeitsver­hältnisse: „Es gibt Arbeiter, die so schlecht bezahlt werden, dass sie noch zum Jobcenter gehen müssen, um ihren Lohn aufzustock­en.“Maile forderte eine größere Verteilung­sgerechtig­keit: „Mit dem Reichtum ist es wie mit dem Mist. Auf einem Haufen stinkt er, weit verteilt, bringt er reiche Frucht und trägt zu einer guten Ernte bei.“

 ?? FOTO: CG ?? Sie sprachen am ersten Mai auf der Kundgebung des DGB (von links): Edmond Jäger, Thomas Maile und Roman Zitzelsber­ger. Mit auf dem Foto ist auch der Tuttlinger DGB-Regionssek­retär Hans-Peter Menger.
FOTO: CG Sie sprachen am ersten Mai auf der Kundgebung des DGB (von links): Edmond Jäger, Thomas Maile und Roman Zitzelsber­ger. Mit auf dem Foto ist auch der Tuttlinger DGB-Regionssek­retär Hans-Peter Menger.

Newspapers in German

Newspapers from Germany