Gränzbote

Schwarz-Weißer Horror

„Get Out“spielt gekonnt mit den rassistisc­hen Vorurteile­n der amerikanis­chen Mittelschi­cht

- Von Christian Fahrenbach

Kein Produzent Hollywoods versteht es besser als Jason Blum, Geld für kleine Filme zu organisier­en, die dann zu Riesenhits werden. Auch wenn sein Name oft nur Insidern etwas sagt, so steckt der 48-Jährige hinter der immens erfolgreic­hen „Paranormal Activity“Reihe genauso wie hinter dem von Kritikern gehassten, aber kommerziel­l erfolgreic­hen „Boy Next Door“mit Jennifer Lopez. Sein neuester Film hat in den USA nun beides zusammenge­bracht: riesigen kommerziel­len Erfolg und ausschließ­lichen Zuspruch der Kritiker. Denn „Get Out“ist eine sozialkrit­ische Horrorkomö­die gegen Rassismus.

Erzählt wird die Geschichte von Chris und seiner Freundin Rose. Sie ist weiß, er schwarz. Sie will ihn bei einem Wochenenda­usflug ihren Eltern vorstellen. Er ist nervös, weil sie noch nichts von seiner Hautfarbe wissen und er die Vorurteile der weißen Vorstadt-Oberschich­t fürchtet. Schließlic­h stößt er aber auf geheimnisv­olle Aktivitäte­n, die seine Vorstellun­gskraft bei Weitem übersteige­n und ihn in Gefahr bringen.

Würde dieser Plot mit ausschließ­lich weißen Schauspiel­ern erzählt, fehlte viel von dessen Durchschla­gskraft. So aber gerät schon der Kontakt mit der Polizei auf dem Hinweg zur Belastungs­probe: Chris wird nach einem kleinen Unfall nach seinem Führersche­in gefragt, obwohl Rose am Steuer sitzt. Die Tatsache, dass die Zuschauer stets einen rassistisc­hen Subtext mitdenken, macht den Film von Autor und Regisseur Jordan Peele zum politische­n Kommentar. Ihm sei klar, dass Farbige den Film anders sähen als Weiße, meinte der schwarze Peele im Gespräch mit einem USRadiosen­der. „Es war wichtig für mich, dem gesamten Publikum einige der Ängste zu zeigen, die man in diesem Land hat, wenn man schwarz ist“, sagte er dazu. „Dazu zählt in diesem Land die Erfahrung, dass man dauernd gesagt bekommt, man würde Rassismus sehen, wo schlicht gar kein Rassismus sei.“

Peele spielt exzellent mit diesem Ausmalen extremer Wendungen, die vielleicht doch nicht eintreten. Das Horrorgenr­e passt damit so gut zum Thema Alltagsras­sismus, dass man sich als Zuschauer wundert, warum es filmisch nicht schon viel häufiger aufgegriff­en wurde. Doch auch, wer keine Lust auf Sozialkrit­ik hat, erlebt überzeugen­de 103 Minuten: Die Horrorschr­auben im Familienan­wesen der Armitages werden nach und nach souverän festgezurr­t. Die Schauspiel­er rund um Daniel Kaluuya (Reggie in „Sicario“) und Allison Williams (Marnie aus der Fernsehser­ie „Girls“) arbeiten auf den Punkt und einige bitterböse Pointen bringen eine gut dosierte Portion schwarzen Humor.

Und so erweisen sich auch in „Get Out“die drei Regeln von Produzent Blum als erfolgreic­h: Nicht zu viele Sprechroll­en: „Wenn ein Statist redet, sind das 400 Dollar mehr“, erklärt er. Nicht zu viele Drehorte: „Am besten ist, wenn alles in einem Haus spielt.“Und schließlic­h: „Zahlt allen Beteiligte­n so wenig wie nur irgend möglich. Gebt ihnen stattdesse­n Anteile an den Kinoverkäu­fen.“(dpa)

Get Out. Regie: Jordan Peele. Mit Daniel Kaluuya, Allison Williams, Catherine Keener. USA 2017. 104 Minuten. FSK ab 16.

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FOTO: UNIVERSAL Chris Washington (Daniel Kaluuya) rechnet bei seinen weißen Schwiegere­ltern in spe zwar mit unterschwe­lligem Rassismus. Was er aber tatsächlic­h in deren Haus erlebt, sprengt seine Vorstellun­gskraft.

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