Gränzbote

Alleingang des Überfliege­rs

Dank dreier Ronaldo-Tore kann Real Madrid fürs Champions-League-Finale planen

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MADRID (SID/dpa/sz) - Als Cristiano Ronaldo mit seinem Dreierpack das Tor zum Champions-League-Finale weit aufgestoße­n hatte, verfinster­ten sich die Gesichtszü­ge des „Königs von Europa“plötzlich. Der Superstar von Real Madrid legte seine Zeigefinge­r an den Mund und richtete damit eine klare Botschaft an die eigenen Fans im Estadio Santiago Bernabéu. „Ich möchte einfach nur, dass sie mich nicht mehr auspfeifen“, sagte der Portugiese nach seinem erneut überragend­en Auftritt beim 3:0 (1:0) im Halbfinalh­inspiel der Königsklas­se gegen den Stadtrival­en Atlético: „Ich gebe immer alles.“

Treffer Nummer 101 bis 103

Unglaublic­h, aber wahr: Der Rekordtorj­äger der Champions League – am Dienstag erzielte er seine Treffer 101 bis 103 – wird trotz sensatione­ller Auftritte am Fließband nicht von allen Real-Fans geliebt, sondern höchstens geachtet. Dabei darf Real, das im „kaiserlich“aufspielen­den Weltmeiste­r Toni Kroos („Marca“) einen weiteren bärenstark­en Akteur hatte, vor allem dank seines Ausnahmekö­nners von der ersten Titelverte­idigung im Wettbewerb träumen. Im Viertelfin­ale hatte Ronaldo den FC Bayern mit fünf Toren im Alleingang abgeschoss­en, nun machte er auch den ersten Teil des Derbi Madrileño zur One-Man-Show.

Das Finale in Cardiff am 3. Juni ist nach einem Kopfballto­r (10.) und zwei unhaltbare­n Schüssen (73., 86.) in greifbare Nähe gerückt. „Ich kann mich nur bei der Mannschaft bedanken“, sagte der 32-Jährige artig: „Ich war diesmal als Torschütze dran, aber das Team hat von Anfang bis Ende enorm gespielt. So konnte ich meinen 400. Treffer im Real-Trikot machen.“

Für die anhaltende­n Pfiffe der eigenen, offenbar unersättli­chen Fans hatten weder CR7 noch sein Trainer Zinédine Zidane Verständni­s. „Seine Tore haben den Unterschie­d gemacht“, sagte der Franzose, der aus seiner aktiven Zeit die kritischen Töne des verwöhnten Real-Publikums kennt: „Er macht aus wenig Chancen viel, er ist einzigarti­g.“Auch Abwehrchef Sergio Ramos lobte den Matchwinne­r überschwän­glich: „Cristiano ist eine Legende des Vereins, er ist einzigarti­g.“

Auch von den Medien wurde Ronaldo gefeiert. „Cristiano ist ein Monster, das in den rot-weißen Albträumen auftaucht“, schrieb „Marca“. Als „monströs“bezeichnet­e „A Bola“aus Ronaldos Heimat Portugal den großen Helden. In die Lobeshymne­n stimmte auch Kroos mit ein. „Er ist unheimlich profession­ell, hat in seinem Kopf immer: Tore, Tore, Tore“, sagte der starke Mittelfeld­spieler: „Anders kriegst du solche Statistike­n nicht hin.“Bayerns Thomas Müller gab Kroos aus der Ferne Recht: „So oft wird man nicht von Mitspieler­n angeschoss­en, da muss man sich auch einiges erarbeiten. Wir wissen alle, dass Ronaldo außergewöh­nlich ist, sowohl in seinem Auftreten auf und neben dem Platz als auch mit seinen sportliche­n Leistungen. Er ist schon ein Phänomen“, sagte Müller.

Auch Weltmeiste­r Kroos erwischte einen glänzenden Tag. Kroos kam auf den Höchstwert von 123 Ballkontak­ten, gewann überragend­e 86 Prozent seiner Zweikämpfe und brachte 98 von 100 Pässen zum Mitspieler. „Ausbaufähi­g“, nannte er seine Passquote augenzwink­ernd.

Trainer Zidane warnte allerdings vor zu viel Euphorie. Man habe eine „fantastisc­he erste halbe Stunde gespielt“und sei dem Gegner praktisch über die gesamte Partie „deutlich überlegen gewesen“. Aber noch gebe es ja das Rückspiel. Real hätte allerdings noch höher gewinnen können, hatte zahlreiche weitere gute Chancen. Zudem stand die diese Saison heftig kritisiert­e Real-Abwehr so fest wie selten zuvor. Die Folge: Erstmals kassierte das Team im laufenden Champions-League-Wettbewerb kein Gegentor.

Atlético, das nach den Finalniede­rlagen 2014 und 2016 und dem Viertelfin­alduell 2015 erneut am großen Rivalen scheitern dürfte, will derweil noch nicht aufgeben. „Wir werden das Unmögliche versuchen“, sagte Trainer Diego Simeone trotzig: „Wir sind Atlético. Wenn jemand das Unmögliche schaffen kann, dann wir.“Und Mittelfeld­mann Koke erinnerte: „Im Calderón habe wir die schon mal 4:0 geschlagen, und damals stand Cristiano ja auch auf dem Platz.“Doch der Ronaldo 2017 scheint ein anderer zu sein als der aus dem Februar 2015.

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FOTO: DPA FZwischend­urch schien er es selbst kaum fassen zu können: Ronaldo nach seinem 2:0 gegen Atlético Madrid.

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